Der Entschädigungsfonds versuchte, materiellen Schaden abzugelten. Das seelische Leid konnte keiner wiedergutmachen. Hier ein demoliertes jüdisches Geschäft 1938.
Geschichte

Die Republik und die Opfer

Die moralische Verantwortung der heutigen Republik Österreich für die Untaten der NS-Zeit wurde lang nicht wahrgenommen. Mit der Einrichtung des Nationalfonds vor 25 Jahren wurde das anders. Nun liegt der Schlussbericht über die Entschädigungen der Opfer in Buchform vor. Jeder kann das jetzt lesen, es ist eines der wichtigsten Dokumente der Zweiten Republik.

Er war Opfer und ein wenig auch Täter, der Hofrat Geiger im populärsten österreichischen Film der Nachkriegszeit. Die Nazis hatten ihn 1938 aus dem Amt verjagt, er hinterließ in der schönen Wachau eine uneheliche Tochter, deren Existenz ihm entgangen war. Diese Sache wollte er bereinigen, alles wiedergutmachen sozusagen. Die damals geschwängerte Frau, Marianne, macht es ihm nicht leicht: „Weil wir ja im Wiedergutmachungszeitalter leben, net wahr? Ich kann das Wort schon nicht mehr hören“, so ihre schnippische Reaktion auf den reichlich spät kommenden Heiratsantrag.

Die Österreicher im Kino wussten, wovon die Rede war. Mehr als ihnen lieb war, sahen sie sich mit Wiedergutmachungsforderungen konfrontiert, vor allem die westlichen Besatzungsmächte machten Druck. 1947 wurden zur Repatriierung und Entschädigung vertriebener und verfolgter Österreicher drei Rückstellungsgesetze beschlossen, nicht aus eigenem Antrieb, wie beim „Wiedergutmachungsbeamten“ Hofrat Geiger. Sonst hieß die Devise: „Zeit lassen“.

Vor dem Hintergrund der sogenannten Opferthese blieb die Anerkennung der moralischen Verpflichtung Österreichs gegenüber den tatsächlichen Opfern aus. Erst in den 1990er-Jahren kam das Thema Restitution, aufgrund der Beschlagnahmung von Kunstwerken, Sammelklagen vor US-Gerichten und der Anmeldung von Ansprüchen von Zwangsarbeitern aufs Tapet. Österreich sah sich gefordert. 1995 wurde der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet, der mit der Unterstützung von hilfsbedürftigen NS-Opfern begann.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.