Morgenglosse

Gläserne Parteikassa statt Schätzspiele

Wie viel gab die ÖVP im Vorjahr aus? Der Streit um die Wahlwerbung wäre leicht zu lösen.

Hat die Volkspartei im Wahlkampf 2019 zu viel ausgegeben? Ein Gutachten für den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat, das die Kosten der Werbung schätzte, legt das nahe. Die ÖVP gibt aber weiter an, die Ausgabengrenze von sieben Millionen Euro nicht überschritten zu haben.

Genaues weiß man nicht. Kein Externer darf in die Bücher der Parteien schauen. Nur von der Partei nominierte Wirtschaftsprüfer haben ein bisschen Einsicht. Sie beschränkt sich darauf, ob eine von der Partei vorgelegte Einnahmen-/Ausgabenliste den gesetzlichen Erfordernissen entspricht. Danach wird die Liste beim Rechnungshof abgegeben. Wurde die Ausgabengrenze überschritten, kann der Parteien-Transparenz-Senat Strafen verhängen.

Jetzt gibt es aber nur zwei Möglichkeiten: Entweder lügt die ÖVP. Oder sie wird zu Unrecht beschuldigt. Beides wäre ein Problem.

Die Lösung wäre, dass eine unabhängige Stelle wie der Rechnungshof selbst in die Bücher der Parteien schauen darf. Das fordern kleine Parteien (Grüne, Neos) schon länger. SPÖ und FPÖ änderten im Vorjahr zwar gemeinsam das Parteiengesetz, offene Bücher wollten sie aber nicht. Auch die ÖVP stimmte im Vorjahr erst gegen diese Idee. Im Wahlkampf erklärte sie aber, für Einsicht durch den Rechnungshof zu sein.

Dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für diese Gesetzesänderung. So könnte man auch Verdächtigungen aus der Welt schaffen. Und falls die Großparteien ihre Bücher doch weiter geheim halten wollen, so werden sie schon wissen, warum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2020)

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