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Corona-Krise bringt KMU Digitalisierungsschub

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Der Lockdown hat bei einigen KMU ungeahnte Kräfte freigesetzt. Digitale Anwendungen haben wertvolle Dienste geleistet.

Der Schock war groß. Als die österreichische Bundesregierung am 13. März verkündete, dass ab dem darauffolgenden Montag der Großteil der Geschäfte geschlossen bleiben müsse, stand zahlreichen Wirtschaftstreibenden die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. Auch in der Neulengbacher Gärtnerei Kraic wurde es im ersten Moment still. Geschäftsführer Michael Kraic: „Lustig ist das nicht, wenn du das halbe Glashaus mit Stiefmütterchen voll hast, die andere Hälfte mit Frühlingsblumen und dann nicht mehr aufsperren darfst.“ Die Stille war allerdings nur von kurzer Dauer. Denn Ursula Kraic, Ehefrau des Geschäftsinhabers, hatte die Idee, einen Webshop und eine Abholstation einzurichten. Quasi über Nacht, genauer gesagt übers Wochenende, wurde der Webshop ins Netz gestellt, die Abholstation eingerichtet und das Angebot mit Plakaten und via soziale Medien beworben. Das schnelle Handeln hat sich ausgezahlt. „Wir hatten keine allzu großen Einbußen“, sagt Michael Kraic. Dass die Idee angenommen wurde, liegt auch daran, dass alle Kundenwünsche – und seien sie noch so klein gewesen – bearbeitet wurden. Egal, ob sie über die sozialen Medien, per Mail oder per Telefon geäußert wurden. Natürlich hat auch das schöne Wetter und die Solidarität der Kunden mit dem regionalen Betrieb eine wichtige Rolle gespielt. „Da hat ein großes Umdenken stattgefunden. Viele haben ganz bewusst bei uns eingekauft“, sagt Michael Kraic.

Brandbeschleuniger für Zukunftstechnologien

„Corona wirkt als Brandbeschleuniger für innovative Zukunftstechnologien“, titelt die Zeitung der niederösterreichischen Wirtschaftskammer ein Interview mit Martin Kocher, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS). Auf die Frage, ob es durch Corona langfristige Veränderungen im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem geben wird, meint Kocher: „Nein. Das denke ich nicht, weil die Krise ja keine ist, die aus der Wirtschaft selbst kommt. Allerdings, und das haben wir in der Vergangenheit schon nach Krisenzeiten gesehen, kann Corona ein Brandbeschleuniger für Entwicklungen sein, die schon vorher angelegt waren, etwa die Etablierung innovativer Zukunftstechnologien.“

Nutzung neuer Technologien steigt

Wie rasant die Etablierung neuer Technologien beziehungsweise Arbeitsweisen in den letzten Wochen vor sich ging, zeigt eine Auswertung von Microsoft. Am 12. März, also einen Tag, bevor der allgemeine Lockdown verkündet wurde, wurden die Dienste der Kollaborations-Plattform Microsoft Teams weltweit 560 Millionen Minuten lang genutzt. 15 Tage später war die Nutzungsdauer auf 2,7 Milliarden Minuten explodiert. Auch bei der Anzahl an Video Calls war ein deutlicher Anstieg zu bemerken: Allein im März wurde ein Plus von mehr als 1000 Prozent verzeichnet.

Die Auswirkungen der Pandemie und der damit verbundene Lockdown hat zahlreiche Branchen vor eine vollkommen neue Ausgangslage gestellt. Betroffen waren auch Immobilienmakler, die keine Besichtigungen mehr durchführen konnten. Einen Ausweg boten Technologien, die es zwar schon gab, die angesichts des „Social Distancing“ aber eine erhöhte Aufmerksamkeit bekamen. So etwa die Technologie des Wiener Start-ups Frimmo, das Wohnungsinteressenten mittels eines digitalen Zutrittssystems die virtuelle Besichtigung der Wohnung ermöglicht. Genutzt wird das Tool unter anderem von der Firma Brezina Real. Firmeninhaberin Ulrike Höreth sagt: „Die Frimmo-Technologie war ursprünglich als Erweiterung unserer Dienstleistungen gedacht, um unseren Kunden auf Wunsch noch mehr Flexibilität bieten zu können. Aufgrund der aktuellen Situation ist es ein Segen für mein Unternehmen, ich schütze meine Mitarbeiter und ihre Angehörigen und kann dennoch unseren Kunden kontaktlose und vor allem sichere Besichtigungen bei dringendem Bedarf ermöglichen.“

Chaos fördert Kreativität
Das mehr oder weniger „geordnete“ Chaos, mit dem nahezu alle Länder in die erste Phase der Pandemie taumelten, löste mancherorts eine Welle der Kreativität aus. Die niederösterreichische Wirtschaftsagentur Ecoplus entwickelte etwa in Windeseile die App „meinschaufenster.at“, welche regionalen Nahversorgern die Möglichkeit gab, via Video auch weiterhin ihre Stärken in puncto Beratung auszuspielen.

Lokale Nahversorgung wurde wieder in

So seltsam es klingen mag: Die aus der Not geborene Digitalisierung bescherte nicht nur den Amazons dieser Welt ein erkleckliches Zusatzeinkommen, sondern half auch manch regionalen Händlern, die Krise zumindest mit einem blauen Auge zu überstehen. Die lokale Nahversorgung war plötzlich wieder in. In Niederösterreich beispielsweis etablierte eine Gruppe um die Architektin Astrid Wessely, die auch Purkersdorfer Bezirksvertreterin von Frau in der Wirtschaft ist, schon wenige Tage nach dem Lockdown auf Facebook die Plattform „Online Marktplatz Wienerwald“. Die Idee war, Angebot und Nachfrage unkompliziert und rasch zusammenzuführen. Auf der Plattform sollten sowohl Waren als auch Dienstleistungen angeboten werden. Binnen weniger Stunden gab es 200 Anmeldungen, nach knapp einem Monat Betrieb waren es mehr als 2500.

Birgit Breitenlacher, Geschäftsinhaberin der Bücherprinzessin Nina in Pressbaum und eine der Administratorinnen des Marktplatzes, hat während der behördlich verordneten Schließungen ihren Onlineverkauf ausgebaut und forciert: „Wir haben in den sozialen Medien auf uns aufmerksam gemacht und auch Flyer verteilt, um unseren Onlineshop zu bewerben.“ Mit Erfolg: Der Umsatz ging während der Schließung des Geschäftes nur minimal zurück. „Viele treue Kundinnen und Kunden haben gesagt, dass sie lieber bei uns bestellen, und das dann auch getan. Das hat so gut getan.“ 

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