Leitartikel

So sind sie, die Tiroler. Aber nicht nur sie.

Fabry
FabryDie Presse/Clemens Fabry
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Ein Politiker kann eine Frau heute noch „Luder“ nennen – ohne Konsequenzen. Es wird also wieder passieren. Nicht nur in der ÖVP, nicht nur in Tirol.

Josef Geisler hätte mit inhaltlichen Argumenten kontern können, als die Gewässerschutz-Sprecherin des Word Wildlife Fund vor ihm gegen das Wasserkraftwerk Tumpen-Habichen protestierte. Der stellvertretende Tiroler Landeshauptmann hätte auch schlicht darauf hinweisen können, dass er nicht an einer öffentlichen Diskussion interessiert ist. Geisler entschied sich aber im amüsiert-herablassenden Tonfall für eine frauenverachtende Diffamierung als Antwort: „Widerwärtiges Luder“, nannte er Marianne Götsch vergangene Woche. Eine Videokamera hielt die Szene fest. Und ihre Fortsetzung folgt einem Drehbuch, das ganz Österreich schon kennt.

Bundesweit mag Geisler bis zu dem Vorfall weitgehend unbekannt gewesen sein. In Tirol steht der Landesrat und Landeshauptmannstellvertreter aber in der ersten Reihe. Er gestaltet die politischen Verhältnisse maßgeblich mit. Der Vorfall zeigt also: Ein Mann in seiner Machtposition fühlt sich auch heute noch sicher genug, um eine Frau vor einer Menschenansammlung und laufenden Kameras sexistisch zu beschimpfen.

Und das völlig zu Recht im Übrigen: Denn verteidigen möchte Geislers Aussage selbst in seiner Partei, der ÖVP, zwar niemand. Konsequenzen ziehen allerdings auch nicht. Geisler will am Dienstag persönlich mit der Aktivistin sprechen. Für Tirols Landeshauptmann, Günther Platter, ist das Thema damit mehr oder weniger erledigt: „Es ist ihm unglaublichen peinlich, dass ihm das passiert ist“, sagte er am Sonntag. Geisler habe sich „richtigerweise sofort in aller Form öffentlich entschuldigt“.

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