Faymann, Pröll und das Harmoniebedürfnis

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Und auf einmal war alles wieder gut: In trauter Zweisamkeit saßen Kanzler Faymann und Vizekanzler Pröll nach dem Sommerministerrat nebeneinander; fast so, als wäre nichts geschehen in den letzten Tagen und Stunden.

WIEN. Und auf einmal war alles wieder gut: In trauter Zweisamkeit saßen Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Josef Pröll nach dem Sommerministerrat am Dienstag nebeneinander; fast so, als wäre nichts geschehen in den letzten Tagen und Stunden. Kein böses Wort fiel mehr über die Finanzstrafreform, die Akademieförderung und den Verbund. Von Blockade (siehe Artikel oben) mochte keine Rede sein: Alle drei Projekte, sagte der Kanzler, seien ohnehin erst für den nächsten Ministerrat am 24.August geplant. Und überhaupt sei diese Koalition mit dem Slogan angetreten, dass sie nicht streiten werde.

Wie zum Beweis ließ Faymann sogleich einen A4-Zettel mit der Sommerbilanz seiner Regierung verteilen, worauf die Gesetzesbeschlüsse des ersten Halbjahres fein säuberlich aufgelistet waren: Von den Resten der Steuerreform (Kinderfreibeträge) über den Euro-Rettungsschirm bis hin zur Mindestsicherung. Eine Prise Eigenlob kann schließlich nicht schaden: Österreich, frohlockte Faymann, sei ja nicht umsonst das Land mit der geringsten Arbeitslosigkeit in Europa. Pröll brachte dann die jüngste Errungenschaft vor: Der Katastrophenfonds werde um 40 Millionen Euro erhöht, weil er im Vorjahr etwas „überbeansprucht“ wurde.

Bei so viel Harmonie vermochten auch jene Themen nicht zu polarisieren, die sonst bestens dazu geeignet sind, die ideologischen Bruchlinien zwischen den Koalitionsparteien zu offenbaren. Dass Beamtenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) die Regierungsspitze zuvor aufgefordert hatte, zu bekunden, ob um der Budgetsanierung willen eine Beamten-Nulllohnrunde gewünscht sei, brachte die Herren nicht aus der Ruhe. Die Ministerin möge im Herbst ganz normal in Verhandlungen treten, „präjudiziert“ (Pröll) sei hier sicher nichts.

Dabei hatte Heinisch-Hosek schon eine interessante Rechnung angestellt: 111Mio. Euro könnte der Bund bei einer Nulllohnrunde sparen. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst blieb davon allerdings unbeeindruckt: Man werde frühestens Anfang September den traditionellen Brief mit der Bitte um Aufnahme der Verhandlungen an die Regierung versenden, hieß es auf Anfrage der „Presse“. Ansonst: Kein Kommentar.

Kommt eine Reichensteuer?

Und dann war da noch die Debatte um die Reichensteuer, die SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter am Montag mit einem neuen Beitrag angeheizt hatte: der Sondersteuer für Spitzenverdiener. Bei Jahreseinkommen über 300.000 Euro (Stand 2008: 3842 Personen wären betroffen) sollte ein fünfprozentiger Einkommensteuerzuschlag greifen. Der Kanzler schloss nichts aus, aber auch nichts ein: Die Richtung stimme, aber es gebe noch Diskussionsbedarf.

Das Gleiche gilt wohl auch für die Grundsteuer. Eine Erhöhung käme nur dann infrage, wenn Mieter, Häuslbauer und kleine Landwirte nicht zur Kasse gebeten würden, führte Faymann aus. Ob es eine Lösung gebe, die nur Immobilienvermögen treffe, müsse erst geprüft werden. Pröll gefiel das: „Wenn der Bundeskanzler sagt: Nicht die Bauern, nicht die Mieter, nicht die Häuslbauer, so erfüllt mich das mit Optimismus, dass der breite Mittelstand nicht betroffen sein wird.“

Wie gesagt: Alles ist wieder gut.
Leitartikel, Seite27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2010)

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