Kosovo: Unabhängigkeit kein Verstoß gegen Völkerrecht

Kosovo unabhängig? UNO-Richter legen Gutachten vor
Kosovo unabhängig? UNO-Richter legen Gutachten vor(c) AP (Armando Babani)
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Die Richter des Internationalen Gerichtshofs haben entschieden: Die einseitige Ausrufung der Unabhängigkeit des Kosovo war rechtmäßig. Pristina feiert, Serbien will bei seiner bisherigen Politik bleiben.

Die Ausrufung der Unabhängigkeit der früheren südserbischen Provinz Kosovo am 17. Februar 2008 habe das "allgemeine internationale Recht nicht verletzt". Dies stellte der Präsident des Internationalen Gerichtshofs (IGH), Hisashi Owada, am Donnerstag in Den Haag bei der Verlesung des IGH-Gutachtens zur Unabhängigkeit des Kosovo fest.

Diesen Spruch sollen zehn der insgesamt 15 IGH-Richter unterstützt haben. Auch die UNO-Sicherheitsrats-Resolution 1244 zum Kosovo aus dem Kriegsjahr 1999, die nach wie vor gilt, sei nicht durch die Unabhängigkeitserklärung verletzt worden, hieß es.

Kein Verbot von Unabhängigkeitserklärungen

Owada betonte, dass es im Völkerrecht kein Verbot von Unabhängigkeitserklärungen gibt. Auch durch die Resolution 1244 - darin wurde die territoriale Integrität des damaligen Jugoslawien bekräftigt - bestünde kein solches Verbot.

"Das Gericht kann das Argument nicht akzeptieren, dass die Resolution ein Argument enthält, welches die Möglichkeit der Verkündung der Unabhängigkeit des Kosovo verhindert. Der Zweck des Urteils ist es, eine vorläufige Übergangsverwaltung zu errichten, ohne über den endgültigen Status des Kosovo zu entscheiden", stellte der IGH-Präsident fest.

Außerdem habe der UNO-Vermittler Martti Ahtisaari nach monatelangen, erfolglosen Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo die Unabhängigkeit als einzigen möglichen Weg empfohlen.

Unabhängigkei des Kosovo

Nach einem von Vertreibungen geprägten Krieg 1998/99, in den die Nato mit Bomben auf Jugoslawien eingriff, stand der heute zu 90 Prozent von Albanern bewohnte Kosovo unter UNO-Verwaltung. Monatelange Statusverhandlungen in Wien blieben ohne Einigung. Bisher haben 69 der 192 UNO-Staaten die am 17. Februar 2008 ausgerufene Unabhängigkeit anerkannt, darunter die USA und 22 der 27 EU-Staaten. Die serbische Regierung geht auf diplomatischem Weg gegen die von ihr abgelehnte Unabhängigkeit vor.

Serbien bleibt bei Kosovo-Politik

Der kosovarische Vizepremier Hajredin Kuci begrüßte das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes (IGH) zur Unabhängigkeit des Kosovo als "großen Sieg für den Kosovo". "Serbien hat vom IGH seine Antwort erhalten und sollte unsere Unabhängigkeit anerkennen", sagte der kosovarische Präsident Fatmir Sejdiu. Die kosovarische Führung erhoffte sich bei einem günstigen Befund, dass weitere Länder die Eigenstaatlichkeit anerkennen.

Serbien will bei seiner bisherigen Kosovo-Politik bleiben. Belgrad erwartet sich eine weitere Resolution der UNO-Generalversammlung mit dem Aufruf zu einer Neuauflage von Verhandlungen über den völkerrechtlichen Status des Kosovo. "Uns stehen schwierige Tage, große Herausforderungen bevor", sagte Außenminister Vuk Jeremic. Man wolle die bisherige Politik "nicht verändern".

Spindelegger: "Statusfrage hinter sich lassen"

Es sei richtig gewesen, den den Kosovo als unabhängiges Land anzuerkennen, erklärte der österreichische Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) in einer ersten Reaktion. Das Gutachten sei kein Grund für Triumphrufe, sondern sollte vielmehr genutzt werden, um ein neues Kapitel in den Beziehungen Serbien-Kosovo aufzuschlagen, so Spindelegger.

"Ich appelliere an Serbien mit Augenmaß und Realismus zu reagieren. Belgrad und Pristina sollten nun die Statusfrage hinter sich lassen und alle Kräfte auf Reformen, wirtschaftlichen Entwicklung und Fortschritte in Richtung EU konzentrieren", sagte er (mehr internationale Reaktionen). 

(Ag.)

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