Städtereise

Prag? Wann, wenn nicht jetzt?

Im Moment scheinen sich die raren Touristen frisch in Prag zu verlieben.
Im Moment scheinen sich die raren Touristen frisch in Prag zu verlieben.(c) REUTERS (David W Cerny)
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Kein Geschubse, viel Platz, nur wenig Touristen. Halb leer ist Tschechiens Hauptstadt an der Moldau besonders verlockend.

Eine halbe Stunde bestimmt ist das Pärchen stumm an der Aussichtsrampe der Burg gestanden und hat einfach nur den Blick genossen. Nächtliche Regengüsse haben Prag, die „Schöne an der Moldau“, frisch gewaschen. Langsam leckt die Sonne die roten Dächer der barocken Wohnhäuser und der pompösen Botschaftspaläste der Kleinseite wieder trocken. Über der Altstadt, dort wo die beiden ungleich dicken Türme der Teynkirche und seit Kurzem auch eine Replik der Mariensäule den Altstädter Ring bewachen, liegt ein bisschen Dunst. Die Karlsbrücke nimmt sich mit den aus der Entfernung winzigen Menschen wie ein enger steinerner Ameisenpfad aus.

„Das ist sooo schön“, bricht es plötzlich aus der Besucherin heraus, sie umarmt und küsst ihren Mann. Ein paar Umstehende klatschen spontan. Das Touristenpaar aus dem Waldviertel fühlt sich ertappt und lächelt verlegen. Er schon Rentner, sie mit drei Tagen Resturlaub. „Mein Mann hat am Wochenende im Fernsehen eine Reportage über das touristenfreie Prag gesehen. Da die Grenzen aber nun wieder offen sind, haben wir uns auf den Weg gemacht. Es ist einfach traumhaft hier!“

Mit der Übernachtung haben sie auch Glück gehabt. Im Hotel direkt an der Karlsbrücke gelten noch „Coronapreise“. 89 Euro für zwei Nächte im Doppelzimmer. Im Bierlokal „U Fleků“, das sie aus früheren Prag-Zeiten kannten, hätten sich sogar die Kellner für ihren Besuch bedankt. Das Etablissement ist als „Touristenfalle“ der schlimmeren Art bekannt. Aber offenkundig haben unter Corona auch die Härtesten gelitten.

Nicht alles hat das Virus in Tschechien verändert: „Gleich hinter der Grenze sind wir wie viele andere in einer Wechselstube über den Tisch gezogen worden. Die gaben uns für 100 Euro nur 1940 Kronen. Gestern haben wir in Prag erfahren, dass es 2600 Kronen hätten sein müssen.“ Zum Beweis nestelt die Frau den Beleg des dreisten Betrugs aus der Handtasche. „Aber auf die Kette, die mir mein Mann gekauft hatte, gab es 30 Prozent Rabatt.“

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