Neuvorstellung

Honda e: E-Realo zwischen frech und herzig

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Elektro-Realismus: Hondas Elektro-Zwerg hält mühelos sein Spaßversprechen auf der Straße – Wundertaten bei Preis und Reichweite darf man nicht erwarten.

Wien. Das Schöne an der Elektromobilität, wenn man so will, ist die Übersichtlichkeit. Alle Hersteller benutzen die gleiche Technik zur Energiespeicherung, und eine andere ist nicht in Sicht. Will man mit einer Ladung weiter kommen, muss man mehr Akkuzellen ins Auto packen, eine Alternative dazu gibt es nicht. Die Schlauheit der Ingenieure kann Unterschiede machen, aber nur sehr graduell, im Bereich einstelliger Prozentzahlen.

Honda e, links, neben dem ebenfalls Batterie-elektrischen Mazda MX-30.
Honda e, links, neben dem ebenfalls Batterie-elektrischen Mazda MX-30.Fabry

Große Akkus haben den Pferdefuß, dass sie unweigerlich hohes Fahrzeuggewicht und einen Fraß an Ressourcen bedeuten. Und je mehr Energie ein Elektroauto speichern kann, desto größer ist auch sein CO2-Rucksack, bevor es einen Meter gefahren ist. Denn die Herstellung der Akkuzellen braucht viel Energie. Die Beteuerung, dabei auf grünen Strom zu setzen, gehört zu den windigen Behauptungen, denn Strom hat keine Farbe, er ist weltweit ein Mix aus vielen Quellen, mit fossilen Brennstoffen als heute weit überragendem Anteil.

Maßhalten als Maxime

Es gibt also gute Gründe fürs Maßhalten bei Gewicht und Abmessungen, sollten ökologische Aspekte eine Rolle spielen. Zu der Erkenntnis war BMW schon beim 2013 vorgestellten i3 gelangt. Trotz Ultra-Leichtbaus mit Karbon-Chassis musste dennoch bald die Akku-Kapazität erhöht werden, um die anfangs gar kümmerliche Reichweite zu verbessern. Der Gewichtsvorteil lebt immerhin in der beispiellosen Agilität des i3 fort.

Auch Honda hat sich bei seinem ersten Elektroauto für die Abmessungen eines Kleinwagens (knapp 3,9 Meter Länge) und einen kleinen Akku (35,5 kWh) entschieden. Die erzielbare Reichweite von etwa 200 Kilometern suggeriert erst gar nicht, dass dies ein Auto für alle Bedürfnisse wäre. Aber an eine Urlaubsreise mit Sack und Pack ist ohnehin nicht zu denken, der Kofferraum hat mehr den Charakter einer Ablage. Von der äußerst effizienten Raumausnutzung des Honda e profitieren die Insassen, notabene auch jene im Fond, die unbeengt an Kopf und Bein die vermutlich nicht allzu lange Fahrt antreten können. Die wiederum darf als reines Vergnügen gelten.

Ein Blick in den digitalen Außenrückspiegel, der das Bild der seitlich montierten Kamera zeigt. Auch der Innenrückspiegel lässt sich auf digital umstellen.
Ein Blick in den digitalen Außenrückspiegel, der das Bild der seitlich montierten Kamera zeigt. Auch der Innenrückspiegel lässt sich auf digital umstellen. Fabry

Exotische Materialien weist die Konstruktion des Honda e nicht auf, damit schafft er es mit knapp über 1,5 Tonnen auch nicht in die Gewichtsliga des i3 (unter 1300 kg, preislich deutlich über dem Honda). Viel für einen Kleinwagen, aber geringe Mühe für einen 154 PS starken Elektromotor, der an der Hinterachse sitzt. Nur so lässt sich das elektrotypisch spontan abrufbare maximale Drehmoment von 315 Nm erden, ein Vortrieb mit Katapulteffekt – anders als bei Frontantrieb, der nur scharrende Räder zur Folge hätte. Unabsichtliches Eindrehen auf winterlicher Fahrbahn wird das Stabilitätsprogramm parieren, zum Leidwesen jener, die am Steuer des Honda e gern Driftkünste beweisen wollten.

Unter der Heckklappe hat der Honda e einen Kofferraum im Format einer größeren Ablage. Dafür gibt es für vier Passagiere viel Platz an Bord.
Unter der Heckklappe hat der Honda e einen Kofferraum im Format einer größeren Ablage. Dafür gibt es für vier Passagiere viel Platz an Bord.Fabry

Zweite Attraktion, neben dem doch sehr ansprechenden Ausdruck des Elektro-Zwergs zwischen frech und herzig, ist der wohnlich-digitale Innenraum mit täuschend echtem Doch-nicht-Echtholz-Furnier. Durchgängig von links bis rechts ist so viel Displayfläche vorhanden, dass neben allerlei Bordmenüs Motive wie Wald und Aquarium sie füllen helfen. Flankierend die gestochen scharfen Bilder der Kameras mit ihrem Blick nach hinten. Das kommt unterschiedlich gut an; zieht man den Thrill des Neuen ab, hätte man gegen konventionelle Außenspiegel wohl auch nichts einzuwenden. Ihr Entfall bringt durch bessere Aerodynamik vier Prozent mehr Reichweite, so Honda, auch halten sie das Auto schön schmal, was beim Laden von Vorteil sein kann. Auf Knopfdruck springt die Klappe an der Front auf und entbietet Typ-2- und CCS-Anschluss. Bei 50 kW Leistung ist der Akku in 30 Minuten auf 80 Prozent, ganz voll wird er beim gemächlicheren Laden, wie es beispielsweise die Ladesäulen der Wien Energie erlauben. Schnelles Laden tut den Akkus übrigens eh nicht gut.

HONDA E ADVANCE

Maße: L/B/H: 3894/1752/1512 mm, Radstand: 2530 mm, Leergewicht: 1524 kg, Kofferraum: 171–857 Liter
Antrieb: Elektromotor an der Hinterachse, Leistung: max. 113 kW (154 PS), Drehmoment: max. 315 Nm, Li-Io-Akku mit 35,5 kWh Kapazität
0–100 km/h in 8,3 sec, Vmax: 145 km/h
Einganggetriebe, Heckantrieb
Preis: ab 37.990 Euro (abzügl. 5400 Euro durch Förderung der Bundesregierung und Herstellerzuschuss)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2020)

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