Burgenland

Die pannonische Gerüchteküche brodelt

Hans Peter Doskozil
Hans Peter Doskozil Die Presse/Clemens Fabry
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Wer ist politisch für die Causa Commerzialbank verantwortlich? Ein U-Ausschuss soll das klären. Schon jetzt wird versucht, politisches Kleingeld aus dem Millionenskandal zu schlagen.

Das ist dann doch eine neue Rolle für Hans Peter Doskozil, die er in der Causa Commerzialbank spielen soll. Der Landeshauptmann regiert im Burgenland mit absoluter Mehrheit. Für gewöhnlich ist er es, der Fragen aufwirft. Gerne auch solche, die seine eigene Partei betreffen. Zum Beispiel, ob SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner auf Bundesebene politisch die richtigen Themen setzt.

Jetzt, mit der Schließung der Mattersburger Commerzialbank, wird Doskozil aber selbst mit unangenehmen Fragen konfrontiert: Wann wusste wer vom Konkurs der Bank? Von wem? Und sollte durch Insiderwissen Geld des landeseigenen Regionalmanagements Burgenland (RMB) gerettet werden?

In der „ZiB 2“ am Dienstagabend bekräftigte Doskozil nochmals, zunächst nur Gerüchte gehört zu haben. Man habe nachträglich versucht, ihnen auf den Grund zu gehen: Die Ehefrau von Martin Pucher (Chef der Commerzialbank und auch des SV Mattersburg) habe Bekannte über die Selbstanzeige ihres Mannes informiert. Unter anderem die Bezirkshauptfrau von Eisenstadt-Umgebung. Er, Doskozil, habe davon am 14. Juli von einem Mitarbeiter der Finanzmarktaufsicht (FMA) erfahren.

Die Nerven liegen blank

Die politische Verantwortung könnte bald in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden. Aber schon jetzt wird versucht, aus dem Millionenskandal politisches Kleingeld zu schlagen. Die Nerven liegen offenbar blank im Burgenland. Und plötzlich machen weitere Gerüchte die Runde, die Politiker in die Nähe der Bank rücken sollen.

Einen Rücktritt gab es ja bereits: Christian Illedits (SPÖ) legte in der Vorwoche seine Funktion als Landesrat zurück. Er hatte vor zwei Jahren an seinem Geburtstag ein Goldblatt im Wert von 5400 Euro vom SV Mattersburg und Pucher erhalten. Am 15. Juli, nach der Schließung der Bank, nahm Illedits übrigens noch an einer RMB-Generalversammlungteil.

Zuletzt ging auch das Gerücht um, dass Hans Tschürtz ebenfalls (FPÖ) ein solches Geschenk erhalten habe. Tschürtz war Vize-Landeshauptmann und kurz Aufsichtsrat in der Fußballakademie Burgenland (Illedits war Aufsichtsratsvorsitzender). Stimmt das? „Völliger Blödsinn“, sagt Tschürtz zur „Presse“. „Ich weiß nicht, wer solche Dummheiten verbreitet.“ Er sei weder vom SV Mattersburg noch von Pucher beschenkt worden.

Auch die Bürgermeisterin von Mattersburg, Ingrid Salamon, weist ein Gerücht zurück. Sie soll demnach ihren 60. Geburtstag in der Kantine des SV Mattersburg gefeiert haben – auf Kosten von Pucher. „Es stimmt, dass die Bürgermeisterin ihren Geburtstag im Café des SV Mattersburg gefeiert hat“, sagt ein Sprecher. „Aber sie hat dafür bezahlt, es gibt auch eine Rechnung.“

Und dann gab es noch das Gerücht, dass Hans Peter Rucker, Geschäftsführer der Landesholding Burgenland, angeblich von Doskozil über die Bank-Schließung informiert wurde – und das Geld der Beteiligungen retten sollte. Rucker sagt dazu zur „Presse“: „Das ist Schwachsinn und hat so nie stattgefunden, es wäre nicht einmal möglich.“ Wahr sei, dass er am 14. Juli Doskozil angerufen habe, weil auch er Gerüchte über den Konkurs gehört hat. Doskozil habe gemeint, dass das wahrscheinlich Realität sei. Und ihn gebeten, den Schaden der Landesholding am nächsten Tag zu beziffern – „und das ist auch legitim.“

Rendi-Wagners Unterstützung

Nicht ohne Hintergedanken (oder zumindest Genugtuung) meldete sich auch Rendi-Wagner zu Wort. Sie schlüpfte ebenfalls in eine ungewohnte Rolle – und verteidigte Doskozils Krisenmanagement: „Es geht jetzt nicht darum, mit einem erhobenen Zeigefinger irgendwas zu sagen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2020)

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