Pizzicato

Die Proms und die Patrioten

Schlimm genug, dass das Publikum von der „Last Night of the Proms“ verbannt ist, dem Abschluss der sommerlichen Promenadenkonzerte in der Londoner Royal Albert Hall.

Eine Massenekstase: Zehntausende, die im Konzertsaal und außerhalb, im nahen Hyde Park und auf Grünflächen in allen Teilen des Königreichs, ausgelassen Fähnchen schwenken, schunkeln, herumwandern und aus voller Brust Hymnen schmettern, die martialisch den Ruhm des Empire feiern – undenkbar in Coronazeiten.

Kein „Rule Britannia“, kein „Land of Hope and Glory“ samt „Pomp and Circumstances“ – unvorstellbar für viele Patrioten und Musikliebhaber, die in trüben Brexit-Zeiten Glanz und Gloria alter Tage heraufbeschwören. Als die finnische Dirigentin das populäre Liedgut, mithin die zweite Nationalhymne „Rule Britannia“, aus Gründen der politischen Korrektheit streichen wollte, führte dies zum nationalen Aufruhr, der auch dem Premier ein klärendes Wort abnötigte. Die Briten – irgendjemandes Sklaven? Niemals!

In der BBC wird nun nur die Melodie der beiden Superhits ertönen, nicht der Text. Wir wetten darauf, dass Boris Johnson und viele andere mitsingen werden – und manche wohl mitgrölen. Nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand an „God Save the Queen“, der Jubelarie auf die Monarchie, stoßen wird. (vier)

Reaktionen an: thomas.vieregge@diepresse.com

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