Ein bunter Haufen demonstrierte friedlich gegen die Corona-Politik der Regierung. Dann gab es rechtsextreme Krawalle und mindestens 300 Festnahmen. Ein Lokalaugenschein.
Drei Frauen spazieren entlang der Spree, die sich durch das Berliner Regierungsviertel schlängelt. Sie plaudern und kichern. Ihr Dialekt verrät, dass sie nicht aus der deutschen Hauptstadt sind, sondern aus dem Südwesten der Republik. Sie tragen legere Kleidung und kleine Rucksäcke. Sie sehen aus, wie Tagestouristen eben aussehen. Nur dass sie keine sind. Die drei Frauen sind aus der Pfalz angereist, um gegen die „diktatorischen Coronamaßnahmen“ zu demonstrieren, zum Beispiel gegen den Mundschutz, den sie nur „Maulkorb“ nennen. Eine von ihnen arbeitet im Einzelhandel und musste mit diesem „Maulkorb“ auch bei 34 Grad schuften. Eine Zumutung sei das. „Den größten Vorwurf mache ich den Medien“, sagt eine andere. Denn sie würden eine Pandemie herbeischreiben, die es gar nicht gebe. Ja, die Medien würden „Angstmache“ betreiben.
Hinter den drei Frauen marschiert ein Mann, der eine Glatze und viele Tätowierungen trägt und ein T-Shirt, das ihn der rechtsextremen Szene zuweist. In der Hand hält er eine Bierflasche, die schon zur Mittagszeit halb leer ist. Dass die drei Frauen („Wir sind doch weder links- noch rechtsextrem“) und der Neonazi dieselbe Demonstration ansteuern, irritiert hier niemanden. Zehntausende strömten am Samstag ins Herz von Berlin, um mit Plakaten und Parolen („Freiheit!“, „Widerstand!“) gegen die Corona-Politik der Regierung zu protestieren.