Fahrbericht

Nissan Juke: Neuverfilmung des Überraschungserfolgs

Optisch harmlos im Vergleich zum Ur-Juke: der neue, größere Nissan Juke.
Optisch harmlos im Vergleich zum Ur-Juke: der neue, größere Nissan Juke.Heidrun Henke
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Der erste, optisch radikale Nissan Juke traf den Nerv der Zielgruppe eher überraschend. Die neue Generation steht unter Erfolgsdruck.

Wien. Man kann kaum über den neuen Juke berichten, ohne an die erste, leibhaftige Begegnung mit dem alten denken zu müssen – auf einer Automesse 2009: „Sind die völlig gaga?“ Man schwankte zwischen Unglauben und Entsetzen.

Einem Auto das gewohnte Gesichts-Schema zu entreißen, an dem sich das menschliche Auge so gern festhält, das war freilich keine Premiere. Nur war es noch nie gut- gegangen – bis eben zum Juke, der 2010 auf dem Markt startete.

Nicht mehr einzigartig

Der Mut des japanischen Herstellers, damals unter Carlos Ghosn, wurde belohnt, denn der kleine Crossover wurde zum Instant-Erfolg, verkaufte in seinen besten Jahren über 100.000 Exemplare in Europa. Wir würden sagen: Eher trotz, nicht wegen seines Aussehens. Das neuartige Format war es, das den Nerv der Zielgruppe traf. Dies waren übrigens nicht hippe Youngster, sondern hauptsächlich Oldies. Ein Kleinwagen, in dem man schön hoch sitzt – perfekt!

In dem Segment drängt es sich mittlerweile, und der Pionier muss sich unter einer Vielzahl von Epigonen aufs Neue behaupten. Die zweite Generation steht wie Clio und Captur auf einer Plattform der Renault-Nissan-Allianz, optisch gibt er es weniger radikal, mehr wie ein Zitat auf die Ur-Version. Das sieht schon deutlich gefälliger aus, zum Preis, dass er seine Einzigartigkeit abgelegt hat.

Technisch rangieren wir ohnehin im Mainstream des Crossover-Geschehens. Der Diesel ist aussortiert, die Wahl besteht zwischen einem 1,0-Liter-Turbo-Benziner mit manuellem Schaltgetriebe oder mit Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Getestet haben wir ersteres (ab 19.600 Euro), raten würden wir definitiv zu zweiterem. Denn der Handschalter ist leider von der unerfreulichen Sorte, wie sie heute fast schon Seltenheit besitzt: knorrig, das Gegenteil von Freude am Schalten vermittelnd.

Den Aufpreis auf das DCT sollte man auch deshalb nicht scheuen, weil es die Option ProPilot zulässt (serienmäßig ab Ausstattungsstufe Tekna), mithin automatisiertes Mitschwimmen im Stop-and-go-Verkehr. An Assistenten für fast alles andere mangelt es je nach Ausstattung nicht.

Der Motor selbst ist mit 117 PS ein spritziger Geselle und die richtige Besetzung für den 4,2 Meter langen und knapp 1200 kg schweren Juke. Dass der Radstand im Vergleich zum ersten Juke um ganze zehn Zentimeter zugelegt hat, kommt den Platzverhältnissen sichtlich zugute, der Stauraum reicht von 422 bis 1305 Liter.

Ein originelles Feature, das gern Schule machen darf, sind die Sitze mit integrierten Bose-Lautsprechern in den Kopfstützen. Kostet Aufpreis, je nach Version bis 630 Euro, inkludiert aber auch andere Bose-Komponenten für einen ordentlichen Klang an Bord.

Bis auf das lieblose Getriebe leistet sich der Juke kaum Schwächen, trotz der neuen Größe und des 5-Sitz-Prädikats ist er eine Wahl für die kleine Besetzung: als rüstiger Zweisitzer mit Reserven. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2020)

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