An der Stamford Bridge herrscht Freude. Die Blues hoffen mit neuen Stars auf neue Titel.
Premier League

Londoner Fußballklub als Machtinstrument der russischen Politik

Der russische Oligarch und Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch ist seit zwei Jahren nicht mehr nach England gereist. Das heizt vor allem an der Stamford Bridge, bei Chelsea FC, die Gerüchteküche an. Dabei hat der Klub als Einziger in der Premier League gerade über 200 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben.

Nach dem frühen und doch deutlichen Champions-League-Aus im Achtelfinale gegen den FC Bayern München will der FC Chelsea in der kommenden Saison wieder angreifen. Mit Timo Werner, der für 53 Millionen Euro von RB Leipzig kam, Ben Chilwell (für 50,2 Millionen Euro von Leicester City) und Hakim Ziyech (40 Millionen Euro von Ajax Amsterdam) sowie Kai Havertz (Leverkusen, bis zu 100 Mio. Euro Ablöse) haben die Blues bereits Hochkaräter verpflichtet – und dafür, in Zeiten wie diesen ist das eher auffällig, sehr tief in die Tasche gegriffen.

Seitdem der russische Oligarch Roman Abramowitsch den Klub 2003 übernommen hat, investierte er bereits weit mehr als eine Milliarde Pfund. Die Investitionen machten sich an der Stamford Bridge durchaus bezahlt: 2012 gewannen die Blues die Champions League, 2013 und 2019 die Europa League. Fünf Meisterschaften (2005, 2006, 2010, 2015, 2017) und FA-Cup-Siege zeigen, wie gut gespielt worden ist. Für Abramowitsch, der, wie so viele Oligarchen, durch die Privatisierung von Staatskonzernen nach dem Zerfall der Sowjetunion zum Milliardär wurde, war der Klub also doch nicht bloß ein Souvenir. Sondern das Ticket in die Londoner High Society.

Visum verweigert? Der als medienscheu geltende Mäzen hat öffentliche Auftritte meist gemieden. Die Geschäfte führt seit Jahren Marina Granowskaja, eine eisern auftretende Businesswoman, die lukrative Sponsorendeals an Land zog und bei Vertragsverhandlungen vor großen Namen keine Scheu hat oder zeigt. Egal ob Mourinho, Sarri oder Rudi Völler, der den Transfer von Kai Havertz von Leverkusen nach London nur durchwinken musste. Doch um Abramowitsch ist es in der letzten Zeit seltsam ruhig geworden. Und das befeuert die Gerüchteküche.

Nachdem die britischen Behörden den Antrag auf Verlängerung seines Visums hinausgezögert hatten, erhielt er im Mai 2018 die israelische Staatsbürgerschaft. Danach wurde er an der Stamford Bridge nicht mehr gesehen. Seitdem rätselt sogar die englische „Yellow Press“, die bei ihren Recherchen eher nicht zimperlich ist. Haben die britischen Behörden Abramowitsch gar das Visum verweigert? Steht die Ausreise im Zusammenhang mit der Skripal-Affäre?

Jahrelang war „Londongrad“ ein sicherer Hafen für russische Oligarchen. Milliarden flossen in Immobilien, die Baubranche boomte. Doch nachdem der Ex-Agent Sergej Skripal und seine Tochter Yulia in Salisbury auf offener Straße (wie Oppositionsführer Alexej Nawalny) mit dem Nervengas Nowitschok vergiftet wurden, herrscht zwischen London und Moskau Eiszeit. In der russischen Community wird man nervös. Hat der Oligarch aus Angst vor Sanktionen die Flucht ergriffen?

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