Entwicklung

Der Hund und sein Mensch

Einst lebte er frei wie der Wolf. Und er war ja auch Wolf. Doch irgendwann näherte er sich den Menschen und wurde zum Hund. Warum und wann? Spannende Thesen eines Evolutionsbiologen zum Thema Wolf/Hund und Mensch.

Da standen sie sich gegenüber: Unser Vorfahre, der Steinzeitjäger, und der Wolf, Raubtier gegen Raubtier, beide gut ausgerüstet, um auch harte klimatische Zeiten zu überstehen, beide auch gute Dauerläufer. Es konnte sein, dass nur einer von beiden den Platz lebendig verließ. Noch hatten die Jäger und Sammler, die in kleinen Gruppen herumzogen, wenig Mittel, sich der Wölfe zu erwehren, ein Biss konnte eine lebensgefährliche Infektion bedeuten.

Am Ende einer langen Entwicklung stand sich nicht mehr ein Duo gegenüber, sondern ein Trio: Wieder stand der Wolf auf der einen Seite, auf der anderen Seite wieder der Mensch, begleitet diesmal von einem Wolfshund an seiner Seite. Die Konstellation war für den Wolf schwieriger geworden, er geriet zunehmend auf die Verliererseite und musste sich in unwirtliche Regionen zurückziehen. Was war in Tausenden Jahren geschehen? Der bekannte Evolutionsbiologe und Zoologe Josef Reichholf hat darüber ein Buch geschrieben, es ist vor Kurzem im Hanser Verlag erschienen („Der Hund und sein Mensch“, 22,70 €, 220 Seiten) und bereitet Vergnügen. Nicht weil man einem belesenen Naturwissenschaftler, der seine Gedanken zu formulieren versteht, gern folgt, sondern auch wegen vieler sehr persönlicher Passagen.

Eindeutig ist nur die Feststellung, was ein Hund ist. Er ist kein Wolf mehr. Da stellt sich natürlich die Frage: Warum? Und: Seit wann? Reichholf fragt nach, rüttelt an dem angeblich klaren Bild von der spätsteinzeitlichen Domestizierung, das sagt: Der Wolf konnte gar nicht anders als mitzumachen bei seiner Erniedrigung zum Haustier. Man kann jedoch nicht davon ausgehen, dass der Steinzeitmensch einen Plan hatte, um durch die Zähmung wilder Wölfe in ferner Zukunft einen zuverlässigen Partner an seiner Seite zu haben. Die Vorstellung wäre absurd: Einen Hund zu schaffen.

Die Jagdbeute.
Dennoch besagt das eine gängige Theorie, eine „schöne Erzählung“ nennt das Reichholf, die der Eitelkeit der Menschen schmeichelt. Sie besagt: Vor mehr als 10.000 Jahren jagten Steinzeitjäger auch Wölfe, ihr dichtes Fell wärmte gut im eisigen Winter. Doch sie jagten auch andere Tiere, auch sehr große wie Mammuts. War die Jagd erfolgreich, lagen da Berge von Fleisch, die auch für andere attraktiv waren, Großkatzen, Hyänen und eben auch Wölfe. Die Spekulation ist: Die Jäger bekämpften die Wölfe, unter denen auch sicher Wölfinnen waren. Die Frauen der Jägergruppe könnten Mitleid mit deren hilflosen Welpen gehabt haben, sie nahmen sich ihrer an, gaben ihnen vorgekautes Fleisch.

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