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Der Orcolat im Kanaltal

Provokantes Erdbebenopfer? „Arigato“ von Ursula Wiegele.

Nachdem der Orcolat meine Heimat zerstört hatte, fürchtete ich mich vor Wörtern mit mehr als einem O.“ Die Heimat, das ist Venzone im italienischen Kanaltal, der Orcolat ist eine italienische volkstümliche Schreckensfigur, die das Erdbeben verkörpert. Am 6. Mai 1976 um 20.59 Uhr schlug er im Friaul zu und zerstörte das Haus der 14-jährigen Vera und ihrer Eltern. Vera wird zu den Kärntner Verwandten nach Villach geschickt, zu Onkel Hans und Tante Rosa, die bereits 1940 vom Kanaltal heraufgekommen waren. Veras Eltern bleiben im verwüsteten Venzone in einem Notlager, um später ihr Haus wieder aufzubauen.

Tante Rosa nimmt Vera mit offenen Armen auf, Onkel Hans bleibt seiner halbitalienischen Nichte (ihr Vater ist ein „Wallischer“) gegenüber reserviert – die Italiener hatten seinem Vater die „Muttersprache verboten, in der Schule, auf der Straße, im Gasthaus, nirgends mehr war es erlaubt, Deutsch zu reden“. Im Dreiländereck von Österreich, Italien und Slowenien ziehen sich die politisch-geografischen Verwerfungen aus beiden Weltkriegen mitten durch die Generationen.

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