China macht sich klein: "Auf Entwicklungsland-Niveau"

In this Monday, Aug. 16, 2010 photo, a worker walks with a shovel at a construction site in Suining,
In this Monday, Aug. 16, 2010 photo, a worker walks with a shovel at a construction site in Suining, (c) AP
  • Drucken

China hat Japan als zweitgrößte Wirtschaftsmacht überholt. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liege man aber weit zurück, betont Peking. "Wir müssen noch eine riesengroße Lücke aufholen", sagt ein Offizieller.

Trotz seines Aufstiegs zur bald zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt sieht sich China weiter als Entwicklungsland. "Wir sollten nicht nur auf die Größe der Wirtschaft schauen, sondern auch auf die Pro-Kopf-Zahlen", sagte der Sprecher des Handelsministeriums, Yao Jian, am Dienstag in Peking. Hier liegt die Volksrepublik tatsächlich weit hinter den Industrieländern und noch hinter Staaten wie Jamaika, Angola oder Albanien.

"Auf Niveau eines Entwicklungslandes"

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in China lag nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) im vergangenen Jahr bei knapp 3.700 Dollar (2.886 Euro). Japans Pro-Kopf-BIP ist mehr als zehnmal höher. Rund 150 Millionen der 1,3 Milliarden Chinesen lebten laut UN-Definition weiter unter der Armutsgrenze, sagte Ministeriumssprecher Yao. "Chinas Wirtschaftskraft ist auf dem Niveau eines Entwicklungslandes". Die Qualität des chinesischen Wirtschaftswachstums müsse weiter verbessert werden. Dies gelte für die Lebensqualität der Menschen, für Wissenschaft, Technologie und Umweltschutz.

"Wir müssen noch eine riesengroße Lücke aufholen", fügte der Ministeriumssprecher hinzu. Chinas Wirtschaftsleistung war im zweiten Quartal größer als die von Japan. Das Bruttoinlandsprodukt der Volksrepublik lag im Juni bei 1,34 Billionen Dollar (1,045 Bill. Euro), jenes von Japan bei 1,29 Billionen Dollar. Zwar war das japanische BIP in der ersten Jahreshälfte insgesamt noch größer als jenes von China, im Gesamtjahr dürfte die Volksrepublik Japan aber endgültig überholen. China hatte zuvor nacheinander Großbritannien, Frankreich und Deutschland hinter sich gelassen.

Aufstieg mit Nachteilen verbunden

"Financial Times Deutschland" nennt einen Grund für die chinesische Bescheidenheit: Der Aufstieg des Landes in den Kreis der führenden Industrienationen könnte mit Nachteilen verbunden sein. So weigerte sich die kommunistische Führung bislang beharrlich, verpflichtende Klimaschutzziele zu übernehmen. Als ein Argument diente dabei der Entwicklungsland-Status.

Auch in der internationalen Politik sitzt das Land dem Blatt zufolge längst in der ersten Reihe. Trotzdem spiele China gern den Anwalt und Sprecher der Entwicklungsländer.

Auf IWF-Liste nur auf Platz 99

In diesen Ländern ist das BIP pro Kopf immer noch weit höher als in China. In Deutschland etwa lag es 2009 laut IWF-Zahlen bei knapp 41.000 Dollar, mehr als zehnmal höher als in China. Deutschland liegt in dieser Rechnung auch nicht wie bei der absoluten BIP-Größe weltweit auf Platz vier, sondern auf Platz 16, einen Platz hinter Frankreich und einen Platz vor Japan.

Die vorderen Ränge auf dieser Liste belegen Luxemburg, Norwegen, Katar, die Schweiz und Dänemark. Auch die mit Abstand weltgrößte Wirtschaftsmacht USA kommt hier nur auf Platz neun. China belegt auf der IWF-Liste Platz 99, knapp hinter Jordanien und Albanien. China hatte in den vergangenen Jahren den Titel des Exportweltmeisters von Deutschland übernommen und war auch zum weltgrößten Automarkt und zum größten Stahlproduzenten der Welt aufgestiegen.

(Ag.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.