Gastkommentar

Innenministerium lässt Vereine kopflos werden

Eine Spezialnorm erlaubt, die Mitgliederversammlung erst später im Jahr abzuhalten.
Eine Spezialnorm erlaubt, die Mitgliederversammlung erst später im Jahr abzuhalten.(c) imago/Ikon Images
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Erlass sieht Eintragung der Verlängerung von Funktionsperioden vor, ohne aber deren Ablauf verhindern zu können.

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Wien. Das Gegenteil von „gut“ ist „gut gemeint“. Dass es das Innenministerium mit einem aktuellen Erlass gut gemeint hat, mag sein – Rechtssicherheit schafft er nicht, und gesetz- und verfassungswidrig ist er auch noch. Aber alles der Reihe nach.

Das Gesellschaftsrechtliche Covid-19-Gesetz trifft Corona-Ausnahmeregelungen für verschiedene Gesellschaftsformen, so auch für Vereine. So können in den Statuten festgelegte Termine für Versammlungen auch zu einem späteren Zeitpunkt im Jahr 2020 stattfinden. Hätte also laut Statuten die jährliche Mitgliederversammlung im Frühjahr 2020 stattfinden sollen, so erlaubt diese Spezialnorm, die Versammlung erst später im Jahr abzuhalten. Diese Regelung wurde dann noch ausgeweitet, sodass eine Versammlung, an der mehr als 50 Personen teilnahmeberechtigt sind, bis Ende 2021 verschoben werden kann.

Und wenn Funktionsperioden noch vor der nächsten Mitgliederversammlung ablaufen? Dazu schweigt das Gesetz. Daher hat eine auf dieses Covid-19-Gesetz gestützte Verschiebung der Generalversammlung im Jahr 2020 oder ins Jahr 2021 keinerlei Einfluss auf das Ende der Funktionsperiode. Vereinen ist daher zu raten, ihre Organe rechtzeitig zu wählen – in einer herkömmlichen Mitgliederversammlung, einer virtuellen Versammlung oder durch schriftliche Wahl, mit Brief oder online, was ebenfalls durch dieses Covid-19-Gesetz und die darauf aufbauende Verordnung des Justizministeriums ermöglicht wird. So will es das Gesetz – aber das Innenministerium hat andere Ideen.

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