Die Welt brennt, das EU-Parlament debattiert Burger

Darf sich ein Tofuschnitzel „Tofuschnitzel“ nennen? Im Europaparlament zeigt sich, wie wenig Hausverstand und Eigenverantwortung viele Politiker ihren Wählern zutrauen.

Die Welt brennt, doch im Europaparlament zankt man sich um Grundsatzfragen. Zum Beispiel um diese: darf man pflanzliche Produkte als „Burger", „Schnitzel", „Wurst" oder „Steak" auf den Markt bringen? Sie wissen schon: Veggieburger, Tofuschnitzel und so weiter. Wie die Abstimmung am heutigen Mittwochvormittag ausgeht, ist vorab völlig offen.

Beide Seiten des Streits um diese spezielle Wurst gehen mit einem Bierernst an die Sache, der komisch wäre, hätten wir nicht andere Themen (eine Pandemie zum Beispiel, und die aus ihr erwachsende Riesenrezession), die uns den Spaß verderben. Martin Balluch vom Verein gegen Tierfabriken meint, „die Wurst- und Fleischbezeichnungen für pflanzliche Alternativen“ seien für all jene unersetzlich, die vom Fleisch ablassen wollen: „Und genau deshalb versucht die Tierindustrie diese Änderung der Nomenklatur, um die Hürde des Umstiegs zu erschweren.“ Die Wirtschaftskammer wiederum sieht die strengen Qualitätsnormen des heimischen Codex Alimentarius durch die pflanzlichen Fleischkonkurrenten gefährdet.

Beide Seiten, die Fleischindustrie und die Veganlobbyisten, eint ein bestürzendes Misstrauen der Selbstverantwortung der Menschen gegenüber. Zweifellos braucht es klare und einfach zu verstehende Etiketten auf unseren Lebensmitteln, die Inhalt und Herkunft nennen (es ist übrigens dem Autor dieser Zeilen nicht erinnerlich, dass sich die Industrieverbände in dieser Frage bisher besonders engagiert hätten). Der Verbraucher hat ein Recht darauf, zu wissen was er isst, und wo es herkommt. Doch wer ernsthaft glaubt, der Käufer eines Sojaschnitzels hielte dieses irrigerweise für ein echtes vom Schwein, segelt an der Lebensrealität der Menschen vorbei. Die vegane Salami im Supermarkt sieht aus wie eine aus Fleisch - doch auf ihrer Verpackung steht groß „vegan“ drauf. Das ist logisch: ihr Hersteller will gezielt Kunden ansprechen, die kein Fleisch essen möchten, aber dennoch zumindest einen Geschmack suchen, der ihm nahe kommt. Weder greifen sie aus Versehen ins Regal, noch würden sie davon ablassen, wenn das Sojaschnitzel „Sojabratscheibe“ oder sonstwie hieße.

„Um Gottes Willen, hört auf, durch Gesetzgebung zu bevormunden“, kommentierte der frühere finnische Ministerpräsident und Beinahe-Kandidat der Europäischen Volkspartei für das Amt des Kommissionspräsidenten, Alex Stubb, am Dienstag diese Causa. „Genau solche Dinge bringen die EU in Verruf. Ein Hamburger ist ein Hamburger, und ein Veggieburger ist ein Veggieburger, egal, was man auf ein Papier schreibt.“ Dem ist wenig hinzuzufügen - außer Ketchup, Senf, und Mayonnaise.

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