Buchtipp

Helena Rubinstein: Ein tolles Leben, der Schönheit gewidmet

(c) Kremayr & Scheriau
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Helena Rubinsteins Karriere gleicht einem Roman. Jetzt gibt es ihn.

Diesmal ist's ein Roman. Ein charmanter, dennoch ungemein spannender. Denn der atemberaubende Aufstieg der Chaja Rubinstein aus dem Judenviertel Kazimierz im altösterreichischen Krakau zur umjubelten Kosmetikkönigin in Melbourne, New York, London und Paris ist es wert, mit farbigem Pinsel nachgezeichnet zu werden. Da hieß sie längst Helena, war Chefin eines Konzerns, ließ sich gern mit „Madame“ ansprechen und arbeitete wie besessen rund um die Uhr.

Mit ihren Cremes, Fläschchen, Tiegeln, Tinkturen und Lippenstiften war sie nie zufrieden. Ihr ganzes langes Berufsleben widmete sie der Verbesserung ihrer Produkte, Marke Helena Rubinstein. Und sie bedauerte es, als Schwester von sechs Mädchen 1870 in Armut geboren, nie Medizin studiert zu haben.

Die Autoren Ingo Rose und Barbara Sichtermann schildern einfühlsam, mit welchen Tricks und einer unglaublichen Power sich „Madame“ ganz nach oben arbeitete. Sie hatte gewagt, was keinem anderen Mädchen aus dem galizischen Ghetto erlaubt worden wäre: Sie wanderte aus, über den Großen Teich, fuhr per Schiff nach Australien und begann quasi bei null. Von Apothekern und Hautärzten schaute sie sich die Anfänge ab, gab sich bisweilen auch als Medizinerin aus Krakau aus und konnte tatsächlich mit ihren Produkten ihren Kundinnen helfen. Wunderdinge erzählte sich die „gute Gesellschaft“ Melbournes über Helena, die zeitlebens schrullig sparsam blieb.

Die umschwärmte Kunstmäzenin

Und dies, obwohl sie in der Weltwirtschaftskrise den Coup ihres Lebens gemacht hatte: Zuvor, 1928, hatte ihr das Bankhaus Lehman Brothers zwei Drittel der „Rubinstein Inc.“ um 7,3 Millionen Dollar abgekauft. Am tiefsten Punkt der Wirtschaftskrise ein Jahr später, als Lehman in Turbulenzen geriet, kaufte sie alles zurück – um 1,5 Millionen Dollar. So konnte Helena in Paris das Leben einer umschwärmten und äußerst großzügigen Kunstmäzenin führen. Matisse, Modigliani oder Chagall gingen ein und aus. Und sie konnte es sich leisten, den um fast dreißig Jahre jüngeren georgischen Adeligen Gourielli-Techkonia zu ehelichen.

In den Dreißigerjahren legte der Konkurrenzkampf mit der gebürtigen Kanadierin Elizabeth Arden (Florence Nightingale Graham, 1874–1966) an Fahrt zu. Diese war ähnlich fleißig, ähnlich wohlhabend, ähnlich kunstsinnig, und sie bot genauso Schönheit in Form von Wellness an. Als Arden 1933 von ihrem einstigen Angestellten Thomas Jenkins geschieden wurde, fand sie diesen mit lächerlichen hundert Dollar ab und erlegte ihm ein fünfjähriges Berufsverbot auf. So lang konnte Helena Rubinstein warten. Exakt nach Ablauf dieser Frist engagierte sie den Exmann ihrer Rivalin als ihren Geschäftsführer.

121 Firmenerben

Mit einer Creme namens „Valaze“ hatte Helena begonnen, hergestellt aus Lanolin, Sesam und Mineralöl; als sie 1965 mit 94 Jahren starb, beschäftigte ihr Imperium 30.000 Personen in rund hundert Niederlassungen in 14 Ländern. Das Privatvermögen der alten Dame betrug mehr als hundert Millionen Dollar, mit dem sie immer wieder Kultur und Gesundheitswesen großzügig sponserte. Das Unternehmen, ganz allein von dieser unermüdlich fleißigen Frau aufgebaut, ging an 121 (!) Erben. Die Firma gehört seit 1988 zum L'Oreal-Konzern Paris.

Ingo Rose, Barbara Sichtermann: „Augen, die im Dunkeln leuchten – Helena Rubinstein“, Kremayr & Scheriau, 320 S., 24 €
Ingo Rose, Barbara Sichtermann: „Augen, die im Dunkeln leuchten – Helena Rubinstein“, Kremayr & Scheriau, 320 S., 24 €(c) Kremayr & Scheriau

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2020)

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