»Ich bin immer mittendrin im Streit«

Caro (15) über Loyalität und die Rolle ihres Hasen bei der Trennung ihrer Eltern.

Was sind Ihre Erinnerungen an die Scheidung Ihrer Eltern?

Caro: Ziemlich viel Streit. Ich konnte mit keinem der beiden richtig reden. Meine kleine Schwester und ich mussten sogar zwei Monate bei meiner Oma wohnen. Das Schlimmste für mich war, dass ich in dieser Zeit mein Haustier, einen Hasen, nicht sehen konnte.


Wie sah es vor der Scheidung zu Hause aus?

Meine Eltern waren 15 Jahre verheiratet. Und sie streiten, seit ich denken kann. Die Scheidung vor vier Jahren ging sehr schnell, weil die beiden vor Gericht so gestritten haben. Die Richterin hat extra einen Termin eingeschoben.


Hatten Sie jemals Loyalitätskonflikte in Bezug auf Ihre Eltern?

Die Entscheidung, bei meiner Mutter zu leben, war leicht für mich, weil ich damals sauer auf meinen Vater war. Meine Eltern haben ständig probiert, mich mit Geschenken und Versprechungen für ihre Seite zu gewinnen. Mein Vater hat mir Urlaube versprochen, aber passiert ist davon nichts. Er wollte damit erreichen, dass ich mich gegen meine Mutter wende und ihn lieber habe. Aber ich hab mich nicht bestechen lassen, denn irgendwie sind schon beide meine Eltern.

Spielen Sie jetzt auch noch eine Rolle im Streit Ihrer Eltern?

Jetzt bin ich die Nachrichtenüberbringerin, weil die beiden nicht miteinander reden wollen. Dann werde ich zwanzig Mal am Tag angerufen, um etwas auszurichten, und wenn es nicht klappt, bin ich wieder schuld. Sie sagen: „Richte deinem Vater das aus“, oder „Wenn du das nicht machst, dann bleib bei deiner Mutter.“ Damit komme ich schlecht klar, weil es total nervt. Wenn man dem einen recht gibt, ist der andere gleich sauer. Ich muss immer etwas ausrichten und bin mittendrin im Streit.


Wie hat sich Ihr Leben durch die Scheidung sonst verändert?

Die Scheidung hat meine Mutter um viele Jahre jünger gemacht. Wir haben Narrenfreiheit: Meine Mutter hat neue Hobbys gefunden und ich darf fortgehen und meinen Freund sehen. Schade ist, dass ich jetzt weniger Kontakt zu meinem Vater habe.

Viele Scheidungskinder wünschen sich, dass ihre Eltern wieder zusammenkommen. Sie auch?

Das wäre der Weltuntergang. Die Spannung wäre wieder so stark. Die beiden wollen viel zu viel voneinander. Wenn das Streiten komplett aufhören würde, würde es uns allen viel besser gehen. Meine Eltern sollten sich endlich einmal auf neutralem Gebiet aussprechen – nicht vor dem Richter, sondern einfach im Kaffeehaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2010)

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