Geld und Finanzen

Schweden, die bargeldlose Nation

Smartphone statt Geldbörse – in Schweden ist das ein breites gesellschaftliches Phänomen.
Smartphone statt Geldbörse – in Schweden ist das ein breites gesellschaftliches Phänomen.Getty Images/Westend61
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Banknoten und Münzen wurden in dem Land über die Jahre zurückgedrängt. Bezahlen mit Smartphone und Karte dominiert den Alltag. Sogar die Notenbank musste sich schon einschalten.

Stockholm. Mehr als 450 Jahre alt ist die Deutsche Kirche in Stockholms Altstadt. Aber wenn sonntags Pfarrer Jörg Weißbach im Gottesdienst zur Kollekte aufruft, dann greifen inzwischen die meisten Kirchenbesucher zum Handy statt zur Geldbörse. Nummer eintippen, Betrag eingeben, Freigabe bestätigen. Und mit einem Pling, das dem Geräusch fallender Geldmünzen nachempfunden ist, wandert die Kollekte vom eigenen Konto auf das der Kirchengemeinde. Für viele Kirchenbesucher ist das einfach nur praktisch. Und Jörg Weißbach freut sich. Dank der digitalen Kollekte komme eher mehr Geld zusammen als früher nur mit Bargeld.

„Swish“ heißt die App, die seit acht Jahren in Schweden auf dem Markt ist. Rund sieben Millionen Bürger nutzen sie inzwischen – und das bei zehn Millionen Einwohnern. Das Gute an Swish: Alle großen schwedischen Banken machen mit. Das heißt, jeder, der ein Konto und eine schwedische Handynummer hat, kann „swishen“, wie man in Schweden sagt. Egal, ob man beim Fußballturnier der Kinder die Wurst am Grill bezahlt oder das Zugticket von Stockholm nach Göteborg gekauft werden muss. In Schweden lässt sich immer mehr per Handy bezahlen.

Kartenzahlung ist längst ein alter Hut. Es gibt praktisch kein Geschäft mehr – und sei es auch noch so klein –, das keine Karte akzeptiert. Und das ist nicht erst seit der Coronapandemie so. Im Gegenteil: In Schweden muss man mittlerweile Restaurants, Geschäfte oder Kinos suchen, die überhaupt noch Bargeld annehmen. An vielen prangt ein deutlicher Hinweis: „Vi är kontantfri“ – „Wir sind bargeldfrei“.

Die Vorteile liegen auf der Hand: ohne Bargeld weniger schwarze Kassen und mehr Sicherheit für die Beschäftigten im Handel. Mittlerweile gibt es in Schweden auch viele Bankfilialen, die weder Bargeld annehmen noch auszahlen. Der für den Finanzmarkt zuständige Minister, Per Bolund, sah sich inzwischen sogar genötigt, per Gesetz die großen Banken aufzufordern, auch Bargeld auszuzahlen. „Es ist wichtig, dass wir uns als Gesellschaft das Bargeld und den Zugang zum Bargeld schützen.“

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