Interview

Riccardo Muti: „Wir Neapolitaner glauben an das Schicksal“

„Wir werden manches voll Traurigkeit spielen“, sagt der 79-jährige Riccardo Muti.
„Wir werden manches voll Traurigkeit spielen“, sagt der 79-jährige Riccardo Muti.(c) T. Rosenberg
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Dirigent im Gespräch. Zum sechsten Mal dirigiert Riccardo Muti das Neujahrskonzert: Warum es heuer sehr anders klingen wird, ausländische Musiker von ihm nach Grinzing geschickt werden und was die Philharmoniker ihm schenkten: ein Gespräch.

Die Presse: Als man Sie fragte, ob Sie zum sechsten Mal das Neujahrskonzert dirigieren wollten, zögerten Sie. Warum?

Riccardo Muti: Ich habe noch jedes Mal, wenn ich gefragt wurde, gesagt: „Wieso ich?“ Aber in Wahrheit war ich immer sehr glücklich, es dirigieren zu dürfen, vor allem zur Jahrtausendwende. Und auch diesmal ist es ein ganz besonderes Datum für mich, da es 2021 genau 50 Jahre her sein wird, seit ich die Wiener Philharmoniker erstmals dirigierte. Außerdem bin ich 1941 geboren.

Heuer spielen Sie erstmals ohne Publikum, wie wirkt sich das aus?

Sonst geht es darum, Freude zu bringen, diesmal wird die Musik auch eine andere Aussage bekommen. Inmitten einer weltweit tragischen Situation werden wir manches fröhlich, manches voll Traurigkeit spielen. Das Neujahrskonzert ist für mich heuer noch mehr als sonst nicht einfach Entertainment. Ich mache nie viele Späße, aber gerade diesmal sind sie fehl am Platz. Wie schon Karajan sagte: Es geht um die Musik.

Wie wird es für Sie persönlich sein, im leeren Goldenen Saal zu dirigieren?

Ich versuche, nicht darüber nachzudenken. Ich möchte an das Pult gehen wie immer, auch wenn ich nicht weiß, ob es mir gelingen wird. Wir Neapolitaner glauben fest an das Schicksal, meine Aufgabe ist es, das Programm genau zu studieren und während des Konzerts ganz bei den Musikern zu sein. Wir werden einander mithilfe der Musik umarmen. Natürlich ist es eigenartig, eine Polka schnell zu beenden und es folgt – nichts, kein Applaus, keine Reaktion. Aber wir wissen, dass wir für Millionen von Menschen spielen, vielleicht heuer noch mehr, weil jeder daheim ist. Wir werden einen Weg finden, das Konzert zu einer Botschaft des Friedens und der Liebe zu machen.

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