IWF warnt vor Panik an den Finanzmärkten

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Der IWF veröffentlichte in der Nacht auf Donnerstag eine Studie, wonach hohe Risikoaufschläge auf Staatsanleihen nicht automatisch zu einer Pleite oder einer Umschuldung führen müssen.

Wien (höll). Der Internationale Währungsfonds (IWF) schlägt Alarm: Nicht nur Griechenland, Italien und Portugal müssen radikale Reformen durchführen, sondern auch die USA und Großbritannien sollen ihren Schuldenstand deutlich reduzieren. „Die öffentliche Verschuldung in entwickelten Ländern hat Stände erreicht, die bislang in Friedenszeiten unbekannt waren“, sagte IWF-Experte Carlo Cotarelli.

Die kritische Grenze liegt nach Meinung des Währungsfonds bei einem Schuldenstand von 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ab dann müssen die betroffenen Länder mit erheblichen Wachstumseinbußen rechnen, wie schon die US-Ökonomen Kenneth Rogoff und Carmen Reinhardt nachgewiesen haben. Panikartige Marktreaktionen und stark steigende Zinsforderungen der Gläubiger könnten ein Land in Bedrängnis bringen, wenn diese Schuldengrenze in Sichtweite kommt.

Einige Länder wie Griechenland, Island, Japan und Italien haben die 90-Prozent-Marke schon erreicht. Hier ist nach Ansicht des IWF ein Kurswechsel unumgänglich, um keine Panik an den Märkten zu erzeugen. Wobei dies in Griechenland bereits passiert ist. Im Frühjahr kletterten die Risikoaufschläge auf Athener Staatsanleihen auf ein Rekordniveau. Nur durch milliardenschwere Notkredite des IWF und der EU konnte eine Pleite des Landes abgewendet werden. Der IWF sieht Griechenland als warnendes Beispiel.

Für besorgniserregend halten die Experten des Währungsfonds Prognosen, wonach auch entwickelte Länder wie Frankreich, Großbritannien und die Vereinigten Staaten im Jahr 2015 die magische 90-Prozent-Grenze erreichen könnten, wenn sie bis dahin keine Gegenmaßnahmen setzen. In den USA würde in fünf Jahren die Schuldenquote auf 109,7 Prozent des BIPs, in Frankreich auf 94,8Prozent und in Großbritannien auf 90,6 Prozent klettern.

Österreich liegt im Mittelfeld

Ein wenig aufatmen kann dagegen Österreich. Der Schuldenberg würde sich laut IWF-Studie ohne Reformen bis 2015 auf „nur“ 77,3 Prozent erhöhen. Viel besser geht es Australien, Neuseeland, Südkorea, Dänemark und Schweden.

Der IWF veröffentlichte in der Nacht auf Donnerstag eine Studie, wonach hohe Risikoaufschläge auf Staatsanleihen nicht automatisch zu einer Pleite oder einer Umschuldung führen müssen. Seit 1990 gab es 36 Fälle, in denen Investoren für Staatsanleihen vorübergehend Risikoaufschläge von mehr als 1000 Basispunkte verlangten. Aber nur in sieben Fällen kam es zum Bankrott. Die anderen Länder konnten die Märkte mit Gegenmaßnahmen beruhigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2010)

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