Die Welt bis gestern

Der Ernstl und seine Kinder

Überraschung für den Heimleiter: Die Kinder bereiteten 1939 heimlich eine Geburtstagsparty für ihren Lehrer und Direktor vor.
Überraschung für den Heimleiter: Die Kinder bereiteten 1939 heimlich eine Geburtstagsparty für ihren Lehrer und Direktor vor.Familienarchiv Papanek. Aus dem Buch
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Beinahe wäre das Leben des Ernst Papanek in Vergessenheit geraten. Ein neues, spannendes Buch über seine Rettungsaktion für jüdische Kinder bringt ihn uns nahe.

Eigentlich hätte der achtzehnjährige Wiener Ernst Papanek sich mehr um sein Medizinstudium kümmern sollen. Doch die Zeiten waren seiner Meinung nach nicht danach: Es galt die Welt zu retten. Die alte, die des Kaisers Franz Joseph, war soeben, 1918, zertrümmert worden, die neue noch nicht aufgebaut. Hoffnung gaben dem idealistischen Weltverbesserer aus armem jüdischen Elternhaus die Ideen des Roten Wien. Die sozialdemokratischen Organisationen kümmerten sich immerhin um die Elenden im Nachkriegswien. Zu ihnen gehörten Zehntausende obdachlose und verwahrloste Kriegswaisen, die sich in den Straßen der Millionenstadt herumtrieben. Papanek gründete mit 400 seiner Mitstudenten eine Organisation, „Spielkameraden“, die sich als eine Art Vorläufer des „street working“ um die entwurzelten Kinder und Jugendlichen auf den Straßen kümmerte. Es war gleichsam das Vorspiel zu seiner großen Leistung zwanzig Jahre danach: 1938 galt es wieder, unglückliche, traumatisierte und vertriebene Kinder, die von ihren Familien getrennt waren, zu umsorgen.

Wenn es um die Seele von Kindern geht, ist es immer auch ein Wettlauf mit der Zeit. Ernst Papanek sah sich als einer, der eingriff, wenn Gefahr für die Psyche von Kindern drohte, sei es durch Verelendung oder rassistische Verfolgung. Sein unerschütterlicher Optimismus half ihm dabei. Doch er besaß auch das nötige theoretische Rüstzeug, eine pädagogische und psychologische Ausbildung, mit der er Erziehungsmethoden entwickelte, die das Schülerindividuum in den Mittelpunkt stellten. Der antiautoritäre Erziehungsstil unterschied sich gewaltig von der früheren „Paukschule“.

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