Die wichtigsten Punkte der Verfassungsreform

Erdogans Partei AKP hatte das Paket im Frühjahr um Parlament durchgesetzt. Anschließend ließ das Verfassungsgericht das Vorhaben mit kleineren Abstrichen passieren.

Bei der Volksabstimmung konnten die Wähler nur das gesamte Paket annehmen oder ablehnen; eine Abstimmung über Einzelpunkte ist nicht vorgesehen. Erdogans Partei AKP hatte das Paket im Frühjahr um Parlament durchgesetzt. Anschließend ließ das Verfassungsgericht das Vorhaben mit kleineren Abstrichen passieren.

In der Türkei beginnt nach der Annahme einer weitreichenden Verfassungsreform beim Referendum am Sonntag eine neue Ära. Die wichtigsten Punkte der Reformen, die aus insgesamt 26 Einzelvorhaben bestehen, sind:

Positive Diskriminierung:
Fördermaßnahmen für Frauen, Kinder, Behinderte und Kriegsversehrte werden verfassungsrechtlich abgesichert. Damit sollen die Arbeitsmarktchancen dieser Gruppen verbessert werden.

Gewerkschafts- und Beamtenrechte:
Die Türken erhalten das Recht, gleichzeitig Mitglied in mehr als einer Gewerkschaft zu sein. Das Streikrecht wird ausgeweitet.
Ombudsmann: Das türkische Parlament soll künftig alle vier Jahre einen Ombudsmann wählen, der die Kontrolle über die Verwaltung verbessern und Beschwerden von Bürgern nachgehen soll.

Streitkräfte:
Die Beschlüsse des Obersten Militärrates, der über Beförderungen und Entlassungen innerhalb der türkischen Streitkräfte entscheidet, unterliegen künftig der Kontrolle durch die zivile Justiz. Die Anführer des Militärputsches von 1980 verlieren ihre bisherige Immunität vor Strafverfolgung und dürfen wegen der vielen Menschenrechtsverletzungen nach dem Staatsstreich vor Gericht gestellt werden.

Justizwesen: Die Zahl der Verfassungsrichter wird von elf auf 17 erhöht, die Rolle von Staatspräsident und Parlament bei der Auswahl neuer Verfassungsrichter wird gestärkt. Der Richterrat – ein Gremium zur Ernennung und Entlassung von Richtern und Staatsanwälten – wird von sieben auf 22 Mitglieder erweitert. Die Vertreter der höchsten Justizorgane, die sich bisher als erbitterte Gegner der Regierung von Recep Tayyip Erdoğan erwiesen, verlieren an Einfluss.

Die Opposition hatte die Neuregelungen scharf kritisiert, die EU das Reformvorhaben grundsätzlich begrüßt, aber beklagt, dass es keine Debatte in der Zivilgesellschaft darüber geben habe.

(Ag.)

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