Verkehrsexperten für "Entrümpelung des Schilderwalds"

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SHARED SPACE GLEINSTAETTEN(c) APA/Elmar Gubisch (Elmar Gubisch)
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Das Pilotprojekt "Shared Spave" im steirischen Gleinstätten wird vieles bewegen, glauben Verkehrsexperten. Weitere Orte werden vom Know-How profitieren.

Das im südweststeirischen Gleinstätten umgesetzte Projekt "Shared Space" wird vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) Steiermark und der Forschungsgesellschaft Mobilität (FGM) in den nächsten Monaten evaluiert. Zu den Maßnahmen gehört unter anderem eine über 48 Stunden gehende Messung der Geschwindigkeiten von Fahrzeugen in der "beruhigten Zone", wie der steirische KfV-Chef Peter Felber erklärte.

Felber kann sich vorstellen, dass das Konzept auch in anderen Ortschaften Österreichs anwendbar ist: "Da wird sich vieles bewegen." Der Autofahrerklub ÖAMTC begrüßte das Projekt, der Arbö sprach sich für eine "regelmäßige Entrümpelung des Schilderwaldes" aus.

Die FGM hat laut Petra Kohlenprath vom "Shared Space"-Team vor rund vier Jahren den Kontakt zum niederländischen Erfinder des Prinzips, dem mittlerweile verstorbenen Hans Monderman, geknüpft und eine Partnerschaft zwischen dem Shared Space Institut und FGM initiiert. Zusammen mit dem Verkehrsministerium wurde ein Kompetenznetzwerk ins Leben gerufen, das für einen Erfahrungsaustausch und die Verbreitung des Gedanken sorgen soll.

In Gleinstätten waren FGM und KfV an der Moderation des Bürgerbeteiligungsprozesses beteiligt und haben mit Verkehrsplanern zusammengearbeitet. Das Projekt soll laut Kohlenprath "sehr lange und dauerhaft" evaluiert werden. Gegebenenfalls können nach Erkenntnissen daraus auch Veränderungen z. B. baulicher Natur stattfinden. Durch den Verzicht auf Verkehrsschilder soll Eigenverantwortung gefördert, mit der Umgestaltung sollen räumliche Effekte erzielt werden.

Hoffen auf soziale Kontrolle

Ein "Shared Space" brauche eine "soziale Querbeziehung", so Kohlenprath: "Cafes, Gasthäuser, Geschäfte, Schulen, Ämter, quer über die Straße, es soll ein sozialer und ein Verkehrsraum sein". Parken ist im "Shared Space" nicht gestattet, das Halten schon. Es sei jedoch erstrebenswert, Parkraum für mehrspurige Fahrzeuge in guter Nähe sicherzustellen. Wie die Autofahrer dies wissen können, wenn keine Schilder vorhanden seien? "Wir hoffen auf die soziale Kontrolle" - dadurch, dass man sich gegenseitig auf die Regelungen aufmerksam mache. Fahrräder seien willkommen, eine Abstellmöglichkeit müsse bei der Umsetzung mitangedacht werden.

Felber verglich das Funktionieren des "Shared Space" mit einer Alltagssituation: "Man steigt nicht mit dreckigen Schuhen auf einen Teppich", so der KfV-Chef. Falls sich bei der Evaluierung Problemstellungen ergeben würden, müsse man diese umgehend lösen. Den nächsten Projekten könne man das gewonnene Know-how zur Verfügung stellen.

Seitens des ÖAMTC hieß es, ein Umdenken in der Verkehrsplanung sei begrüßenswert. Derzeit dominiere nach wie vor das Prinzip "'Schilderwald" als Folge einer verbreiteten Tendenz zur Überreglementierung. "Shared Space" solle nur dort eingeführt werden, wo es die Verkehrssicherheit erfordere und verschiedenste Verkehrsteilnehmer aufeinanderträfen. Beginn und Ende des Bereiches müssen für alle Verkehrsteilnehmer deutlich erkennbar sein. Das Prinzip bringe dem Autolenker eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, dies würde der Rückgang schwerer Unfälle in allen bisherigen Projekten in Europa belegen.

Der Arbö erklärte laut "Kleine Zeitung"  man sei dafür, dass "alle Verkehrsteilnehmer stärker aufeinander Rücksicht nehmen". Es berge allerdings Gefahren, gewachsene Gewohnheiten von einem Tag auf den anderen zu verändern. Eine breitflächige Ausweitung von "Shared Space" unter weniger idealen Bedingungen wäre gefährlich und sei abzulehnen.

(APA)

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