Geschichte

Der Kaiser, der sein Volk kennenlernte

Propagandacoup oder Bedürfnis nach menschlicher Nähe? Kaiser Joseph II. übernahm von einem Bauern den Pflug und probierte die Feldarbeit aus.
Propagandacoup oder Bedürfnis nach menschlicher Nähe? Kaiser Joseph II. übernahm von einem Bauern den Pflug und probierte die Feldarbeit aus.Erich Lessing/picturedesk.com
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Inkognito bereiste der Sohn Maria Theresias, Kaiser Joseph II., die Länder, die er beherrschte. Bis in die hintersten Winkel. Er sammelte Bittschriften und staunte über die Unzulänglichkeiten der Verwaltung. Er wollte es im Geist der Aufklärung besser machen.

Die barocke Festung Spielberg in Brünn war einst ein gefürchtetes Gefängnis. Hier saßen Feinde der Habsburgermonarchie, „Kerker der Völker“ hieß daher der schauerliche Ort. 1766 war in einem der feuchten Verliese ein junger Mann eingekerkert. Freilich nur für ein paar Stunden. Es war eine Art Test, dem sich Kaiser Joseph II. auf einer seiner Reisen unterzog. Es war die erste, die er inkognito, als Graf von Falkenstein, unternahm, um sein Reich kennenzulernen. Wie Ende des 17. Jahrhunderts Zar Peter I. mit seiner „Großen Gesandtschaft“ machte er sich in der Absicht, nicht erkannt zu werden, auf Erkundungstour.

Die Reise war schon seit jeher eine Möglichkeit von Repräsentation monarchischer Herrschaft. Sie fand in der Spannbreite von Ehrenpforte und Anonymität statt – eine alte Tradition. Schon in der Antike tarnten sich Götter, wenn sie die Menschen besuchten, im Mittelalter trat der Fürst seiner zukünftigen Ehefrau in Verkleidung gegenüber, um sie in Augenschein zu nehmen. In der Neuzeit wurde das Inkognito Bestandteil fürstlich-adliger Etikette.

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