Interview

Khashoggis Verlobte: "Er darf nicht umsonst gestorben sein"

„Gott wollte wohl, dass Jamal eine Ikone für Meinungsfreiheit wird“, sagt Hatice Cengiz.
„Gott wollte wohl, dass Jamal eine Ikone für Meinungsfreiheit wird“, sagt Hatice Cengiz. Corbis via Getty Images
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Ein Killerkommando tötete 2018 den saudischen Regimekritiker Jamal Khashoggi in der Botschaft Riads in Istanbul. Nun rollt der Dokumentarfilm „The Dissident“ den Fall auf. Khashoggis Verlobte berichtet über Schock, Trauer und ihren Kampf für Gerechtigkeit.

Warte hier auf mich. Wir sehen uns gleich.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich der saudische Journalist Jamal Khashoggi am 2. Oktober 2018 vor der saudischen Botschaft in Istanbul von seiner Verlobten, Hatice Cengiz. Doch das Gebäude, das er um 13.14 Uhr betrat, sollte er nie wieder lebend verlassen: Der Kritiker des saudischen Königshauses wurde in der Vertretung seines Heimatlandes von einem Killerkommando aus Riad getötet.

Hatice Cengiz wartete vor den Toren der Botschaft bis in die Nacht. Ihr Verlobter hatte an jenem 2. Oktober eigentlich nur ein Dokument abholen wollen, das für eine Hochzeit mit Cengiz notwendig gewesen wäre. Dafür war Khashoggi, der seit 2017 in Washington lebte, extra nach Istanbul gereist. Erst nach weltweiten Protesten und dem Druck vieler Regierungen veröffentlichte Saudiarabien am 19. Oktober eine Erklärung, dass Khashoggi im Konsulatsgebäude gestorben sei.

Einem jüngsten US-Geheimdienstbericht zufolge gab Saudiarabiens Kronprinz, Mohammed bin Salman, persönlich grünes Licht für die Bluttat. Die UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard gelangte zu einem ähnlichen Schluss. Nun beschäftigt sich ein Dokumentarfilm mit dem Titel „The Dissident“ von Oscarpreisträger Bryan Fogel („Ikarus“) mit dem Politmord – ein umfangreich und präzise recherchierter Doku-Thriller. Auch Khashoggis Witwe, Hatice Cengiz, hat daran mitgewirkt.

Frau Cengiz, wie geht es Ihnen heute, mehr als zwei Jahre nach dem Verbrechen?

Hatice Cengiz: Es geht mir okay. Aber eigentlich wäre jede Antwort, die ich jetzt geben könnte, zu kurz gegriffen. Es stecken viele verschiedene Gefühle in mir. Mein Ehemann wurde umgebracht. Wie kann es mir da „okay“ gehen? Aber ich kämpfe für ihn und spüre die Unterstützung so vieler Menschen bei diesem Kampf. Deshalb geht es mir okay – weil ich eine Aufgabe habe. Nicht deswegen, weil ich gelernt habe, mit dem Schmerz zu leben. Das gelingt mir noch immer nicht. Ich nehme immer noch die Hilfe eines Psychologen in Anspruch.

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