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Zinshaus-Investment verlangt langen Atem

Louis Obrowsky, Geschäftsführer LLB Immo KAG, Markus Steinböck, Leiter Immobilienankauf 3SI Immogroup, Julia Fritz, Partnerin bei PHH Rechtsanwälte, und Harald Friedrich, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes bei der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG.
Louis Obrowsky, Geschäftsführer LLB Immo KAG, Markus Steinböck, Leiter Immobilienankauf 3SI Immogroup, Julia Fritz, Partnerin bei PHH Rechtsanwälte, und Harald Friedrich, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes bei der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG.© Günther Peroutka
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Das Investment in eine Altbauimmobilie bedarf einer gewissen Leidensfähigkeit bzw. Liebhaberei, denn es gibt rechtliche und wirtschaftliche Stolpersteine.

Unter einem Zinshaus versteht man in der heimischen Immobilienbranche ein Gebäude, das vor 1945 errichtet wurde. In der Regel ein Mietshaus mit mehreren Wohneinheiten, das gegen den Zins langfristig vermietet wird. Die Preise für diese Objekte kletterten in den vergangenen Jahren gehörig nach oben. Da stellt sich die Frage, ob sich ein Investment in dieses Altbau-Wohnsegment für Personen lohnt, die in Betracht ziehen, in Immobilien zu investieren.
Im „Presse“-Branchentalk wurden die Vor- und Nachteile des Zinshaus-Investments aufgezeigt. Mit „Presse“-Wirtschafts-Redakteur Jakob Zirm diskutierten: Julia Fritz, Partnerin bei PHH Rechtsanwälte, Markus Steinböck, Leiter Immobilienankauf der 3SI Immogroup, sowie Harald Friedrich, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes bei der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG und Louis Obrowsky, Geschäftsführer der LLB Immo KAG.

Harald Friedrich, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes bei der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG.
Harald Friedrich, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes bei der Liechtensteinischen Landesbank (Österreich) AG.© Günther Peroutka

Gute Nerven

Die Coronapandemie hat sich auf den Zinshausmarkt nicht negativ ausgewirkt. Laut der Immobilienexperten gab es nur unmittelbar im ersten Lockdown vor einem Jahr eine kurze Schockstarre, die sich aber rasch wieder auflöste. Sowohl private als auch institutionelle Investoren fassen ein Zinshaus-Investment ins Auge.
Die 3SI Immogroup kauft seit vielen Jahren Zinshäuser. Markus Steinböck beobachtet seit Jahreswechsel eine verrückte Preisentwicklung. Das führe zu einer Zinshausspekulation. „Streng genommen könnte man behaupten, dass ein Zinshaus-Investment mit einer echten Immobilie so wenig zu tun hat wie eine Immobilienaktie. Die Spekulation ist zwar nicht dramatisch, aber es ist ein sehr heißer Markt und Investoren benötigen gute Nerven“, sagte Steinböck.

Ein Grund für diese Preisbewegung ist die große Liquidität im Markt. Aber auch Anlageinstrumente und Berater befeuern diese Entwicklung. „Vielen Privatinvestoren, die in Betongold investieren, ist die Komplexität des Zinshauses überhaupt nicht bewusst. Weder rechtlich noch betreffend der Bausubstanz“, kritisierte Julia Fritz, deren Schwerpunkt in der Strukturierung, Umsetzung und Abwicklung von liegenschaftsrechtlichen Transaktionen liegt. Ihre dringende Empfehlung: „Eine qualifizierte Beratung ist vor jedem Immobilien-Investment anzuraten. Zusätzlich sollte ein Anwalt einen Blick ins Grundbuch werfen und gegebenenfalls tiefer in die Materie eindringen. Bei Altbau würde ich in jedem Fall einen kompetenten Bausachverständigen zur Seite holen, der die Substanz des Hauses auf Herz und Nieren prüft und einschätzen kann, mit welchen Investitionen man rechnen muss.“ Durch fehlende fachliche Expertise werde bei vielen Zinshäusern die Chance vertan, das wahre Entwicklungspotenzial aus den Objekten herauszuholen.

Geld parken

„Zinshäuser wurden immer schon zu sehr hohen Preisen angeboten. Der Unterschied ist, dass seit der Coronakrise die Häuser auch zu den hohen Preisen gekauft werden“, meinte Louis Obrowsky. „Mit der Krise hat sich auch die Gewissheit festgesetzt, dass wir für lange Zeit keine Zinsen haben werden. Entsprechend agieren die Investoren“, ergänzte LLB-Vorstand, Harald Friedrich. „Man schielt auf die Werterhaltung, aber den Ertragswert, wie früher, wird man nicht mehr erzielen.“ Stellt sich also die große Frage: Für wen ist Zinshaus-Investment geeignet?
Die optimale Zielgruppe ist überschaubar. „Für extrem sicherheitsbedürftige Anleger kann ein Zinshaus-Investment durchaus in Erwägung gezogen werden, aber nur, wenn man im Hinterkopf behält, dass man das Objekt mindestens zehn Jahre halten muss, um die Kosten zurückzubekommen, die man in die Immobilie steckte“, analysierte Steinböck. Wer sein Geld auf lange Sicht parken kann, darf sich also über diese Hürde wagen.

Kein Sorglos-Paket

„Wer mit seinem Immobilien-Investment einen klassischen Ertragswert sucht, für den ist ein Zinshaus-Investment nur bedingt geeignet“, sagte Friedrich. „Genauso wenig würde ich es einem Investor empfehlen, der ein Sorglos-Paket sucht, also Immobilien, bei denen man sich um nichts mehr kümmern braucht. Um aus einem Zinshaus eine Rendite herauszuschlagen, muss intensiv in die Zinshaus-Entwicklung investiert werden.“
Andererseits: Unter privaten Investoren ist das Zinshaus häufig eng verwoben mit Liebhaberei. „Rein aus betriebswirtschaftlichen Aspekten würde es oft lukrativere Alternativen geben, aber viele Zinshaus-Besitzer haben schlichtweg eine Freude mit einem schönen Altbau und schätzen es, einen Substanzwert innerhalb der Familie weiterzugeben“, sagte Obrowsky.

Wer in ein Zinshaus investiert, möchte in der Regel gute Mieten erzielen. Die LLB kalkuliert für ihre Investoren mit langfristig nachhaltigen Mietansätzen. „In ansprechenden Lagen kalkulieren wir bei neu gebauten Vorsorgewohnungen mit Nettomieten zwischen 11,20 und 11,50 Euro“, sagte Obrowsky. „Meist liegt die Erstvermietung darüber, aber das kommt uns zugute, weil der Investor davon profitiert.“ Eine höher kalkulierte Miete, die nicht erreicht wird, nimmt der Investor hingegen als Enttäuschung wahr, auch wenn es sich nur um minimale Unterschiede handelt. „Neu ist, dass die Miete auch bei Zweitvermietung stabil bleibt oder sogar steigt“, fügte Friedrich hinzu.

Stolperstein Miete

Der wohl größte Fallstrick des Zinshauses ist das Mietrechtsgesetz (MRG). Klassischer Altbau fällt in den Vollanwendungsbereich des MRG – Stichwort: Richtwertmiete. Wien hat nach dem Burgenland den zweitniedrigsten Richtwert. Er liegt netto bei 5,81 Euro. Hinzu kommen noch Zu- und Abschläge wie etwa ein Lagezuschlag, der in Wien nahezu die gesamten Bezirke innerhalb des Gürtels betrifft.
Immobilienexpertin Fritz wies auf einige juristische Spezifika beim Kauf von Zinshäusern hin. Das sind zum Beispiel sehr alte, unbefristete Mietverträge. Übernimmt man mit dem Kauf einer Immobilie solche Mieter, hat man ein Problem. Man kriegt sie nicht so ohne weiteres aus dem Haus. Erstens, weil der Mieterschutz in Österreich sehr stark ist. Zweitens, weil die Kündigungsbeschränkungen besagen, dass nur unter ganz speziellen Gründen Mieter gekündigt werden dürfen. „Die einzige rechtliche Relevanz tritt hier ein, wenn die Miete nicht bezahlt wird“, erläuterte Fritz.

Julia Fritz, Partnerin bei PHH Rechtsanwälte.
Julia Fritz, Partnerin bei PHH Rechtsanwälte.© Guenther Peroutka

Thematik: Befristung

Dieser Umstand veranlasst viele Immobilien-Besitzer, einen befristeten Mietvertrag aufzusetzen. Aber auch hier gilt es, das Recht zu betrachten, denn bei dieser Variante greift der Befristungsabschlag. Der liegt bei 25 Prozent und trifft vor allem private Investoren. Übersieht man diesen Befristungsabschlag, kann es im Nachhinein für den Vermieter mit Nachzahlungen sehr teuer werden. Obrowsky meinte, der Befristungsabschlag wäre sogar für institutionelle Anleger eine Herausforderung. „Wir sind verpflichtet, im Sinne der Anleger ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Für uns gilt es abzuwägen: Vermietet man unbefristet und erzielt kurzfristig das bessere Ergebnis für den Anleger oder riskiert man den 25-Prozent-Abschlag.“ Fällt die Wahl auf die befristete Variante, besteht die Gefahr, dass man mit Mietnomaden zu kämpfen hat. Von Seiten der Aufsichtsbehörde könnte dann das Urteil lauten, dass man dieses Problem mit einem unbefristeten Mietvertrag präventiv umgehen hätte können. Umgekehrt: riskiert man den Befristungsabschlag und hat dann treue Mieter, die ohnehin zu einem langfristigen Verbleib gewillt wären, hätte man sich die 25 Prozent ersparen können.

Ein Problem, von dem die 3SI Immogroup auch betroffen ist, da sie viele Häuser im Bestand hat. „Wir kaufen aber auch Zinshäuser, entwickeln sie und verkaufen danach.“ Beim Ankauf eines solchen Zinshauses durch den Immobilienentwickler kann es schon passieren, dass man Mieter mit unbefristeten Mietverträgen übernimmt. „Hier braucht man Geduld“, sagte Steinböck und meinte damit eine Zeitspanne von rund fünf bis sechs Jahren, bis man sich zusammengefunden und weitere Entwicklungsschritte setzen kann.

Politik gefordert

Im Vergleich zu Wien ist Graz bei der Richtwertmiete für Investoren deutlich attraktiver. Hier liegt der Richtwert nur unwesentlich unter dem Marktpreis. Durchaus eine sehr anachronistische Situation, dass der Richtwert in einer Stadt wie Wien, die sich immerhin rühmt, lebenswerteste Stadt der Welt zu sein, dermaßen niedrig ist. „Bei Gemeinde- und gemeinnützigen Wohnungen ist der niedrige Richtwert berechtigt, aber bei Zinshäusern bewegen wir uns im Bereich der privat zur Verfügung stehenden Wohnungen“, meinte Friedrich. Gerade private Immobilienbesitzer sind ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor.
Dieser Meinung ist auch der LLB Immo KAG-Geschäftsführer und sagte: „Private Zinshaus-Besitzer machen keine Ausschreibungen, damit ein internationaler Bauunternehmen das Objekt renoviert, sondern beauftragen für gewöhnlich die im Grätzel ansässigen Handwerker.“ So gesehen fördere das Zinshaus-Investment privater Investoren auch die regionale Wirtschaft.

Links zu den Unternehmen

Julia Fritz sah noch eine weitere negative Konsequenz, die sich letztlich auch auf Mieter ungünstig auswirke: „Der niedrige Mietpreisrichtwert beim Zinshaus sorgt dafür, dass sich teilweise notwendige Sanierungen finanziell nicht rentieren. Dadurch verfällt wunderbarer Altbau immer mehr.“ Ein Problem, dem sich die Politik rasch annehmen sollte. „Mit niedriger Richtwertmiete ist für den Vermieter die Erhaltung eines Zinshauses ein Minusgeschäft. Das müssen wir uns klar vor Augen führen.“https://www.llb.at

https://www.llbimmo.at/de/home

https://phh.at/

https://www.3si.at

Information

Der Branchentalk fand auf Einladung von der „Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von PHH Prochaska Havranek Rechtsanwälte GmbH & Co KG und Liechtensteinsche Landesbank (Österreich) AG.

Mehr erfahren

Markus Steinböck, Leiter Immobilienankauf der 3SI Immogroup.
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Marktkenntnis ist erfolgsentscheidend

Der Zinshausmarkt muss sich nicht auf Immobilien in der Bundeshauptstadt Wien beschränken. Es kann sich lohnen, auch Nebenmärkte ins Auge zu fassen.
Die Themen des Branchentalks waren vielfältig und reichten von Investment und Lage bis hin zu Renditen, Sanierung, Miete oder Verkauf.
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Sonderfall Dachausbau: Miete oder Verkauf?

Der einzige Bereich, der im Altbau bei der Richtwertmiete ausgenommen ist, ist das Dachgeschoss.

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