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Diversität Europas als Kraft wahrnehmen

Diskutierten über die Zukunftsfähigkeit der europäischen Wirtschaft: Moderator Wilfried Stadler, Know-Center-CEO Stefanie Lindstaedt (TU Graz), UnternehmerTUM-CEO Helmut Schönenberger (TU München), ThinkAustria-Leiterin Antonella Mei-Pochtler und IV-Präsident Georg Knill (v. l.).
Diskutierten über die Zukunftsfähigkeit der europäischen Wirtschaft: Moderator Wilfried Stadler, Know-Center-CEO Stefanie Lindstaedt (TU Graz), UnternehmerTUM-CEO Helmut Schönenberger (TU München), ThinkAustria-Leiterin Antonella Mei-Pochtler und IV-Präsident Georg Knill (v. l.).(c) Foto Fischer
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Innovation. Die Aufbruchsstimmung muss mit aller Kraft aufrechterhalten werden. So kann Fortschritt gelingen.

Wilfried Stadler, Ökonom und Publizist, moderierte das Forum Wirtschaft & Innovation, zu dem Antonella Mei-Pochtler, Innovationsexpertin und Leiterin von ThinkAustria, Stefanie Lindstaedt, CEO Know-Center in Graz und Universitätsprofessorin an der TU Graz, Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, sowie Helmut Schönenberger, CEO UnternehmerTUM und Vizepräsident TU München geladen waren.

Lindstaedt will einen ersten Aufschwung, der zum Beispiel im Zuge der Pandemie in der Digitalisierung spürbar war, bereits wieder am Abflauen sehen. Die Universitätsprofessorin nannte mehrere Punkte, bei denen angesetzt werden müsste. „Es gibt viele Unsicherheiten im Regelwerk.“ Daher plädierte Lindstaed dafür, die Regeln mehr in den Hintergrund zu rücken und stattdessen die Experimentierfreude der Unternehmen zu stärken. Das könne etwa mit „regulatory sandboxes“ gelingen, bei denen im abgesteckten Bereich Innovationen erprobt werden können.

Zudem forderte sie eine Data-Infrastruktur. „Um in Europa bei Innovation voranzukommen, spielen Daten eine große Rolle.“ Als einen entscheidenden Punkt nannte sie das Sichtbarmachen der Comet Kompetenz Center, um Themen wie künstliche Intelligenz effizienter zu fördern. „Entscheidend ist, dass wir endlich ins Tun kommen“, sagte Lindstaed.

Ecosystem schaffen

Wie so ein ins Tun kommen aussehen kann, demonstrierte Helmut Schönenberger. Bereits vor 20 Jahren kam er zu der Erkenntnis, dass es auch in der bayerischen Landeshauptstadt eines Entrepreneurship-Centers bedarf, um ein Umfeld zu schaffen, in dem unternehmerische Menschen die Bedingungen vorfinden, ihre Ideen umzusetzen, Lösungen beisteuern, Arbeitsplätze schaffen und letztlich auch Wohlstand im Land sichern. So kam es zu UnternehmerTUM, heute ein internationales Vorzeigeprojekt. „Wir produzieren in Bayern mittlerweile 60 Prozent aller Start-ups aus“, sagte Schönenberger und forderte Europa auf, mehr solcher Umfelder zu schaffen, in denen Talente gefördert werden und sich die Kräfte zwischen Industrie, Universitäten und Politik bündeln lassen. „Wenn man zusammenhilft, kann Großes entstehen. Lasst uns auf die Chancen konzentrieren und nicht ständig die Risiken und Regularien in den Mittelpunkt rücken.“ Ein Ziel, dass sich auch ThinkAustria für Österreich wünscht. Antonella Mei-Pochtler erklärte: „Wenn man den Anspruch hat, das innovativste Land zu werden, muss man sich kritisch fragen, ob man nach diesem Ziel lebt, und Verbesserungspotenziale nutzen.“ Aufholpotenzial sieht sie etwa in der Kraft der Jugend.

Erfolgreicher Reset

Am Ende wird jener Kontinent die Nase vorn haben, der die Zukunftstrends am besten bespielt. Die Stärken Europas liegen in der Diversität. Beim viel diskutierten „Reset“ müsse sich Europa überlegen, wie man die Kraft der Diversität und der vielfältigen Ansätze nutzt, ohne sie in Regeln ersticken zu lassen. „Das setzt strategische Souveränität voraus“, sagte Mei-Pochtler. „Ein Reset sollte in Europa vor allem eine Beschleunigung beinhalten.“

Für IV-Präsident Georg Knill sei „Reset Europe“ aus Sicht der Industrie ein zu wenig ambitionierter Ansatz, um aus der Krise gestärkt hervorzugehen. „Reset bedeutet zurück zum Anfang. Wir wollen nicht einfach beim Status vor der Pandemie anknüpfen, weil sich die Konkurrenz in der Zwischenzeit weiterentwickelt hat.“

Heuer erwarten die Experten ein Weltwirtschaftswachstum von 6,6 Prozent. „Europa nimmt an diesem Wachstum nur mit 13 Prozent teil, weit abgeschlagen von China und USA“, sagte Knill und merkte vor allem beim Thema Digitalisierung an: „Europa hat Datenschutz, aber keine Digitalisierung. Das ist eines der Probleme, warum wir nur unterdurchschnittlich wachsen.“

Kunst & Kultur

Die Coronakrise hat speziell in der Kultur starke Wunden hinterlassen. In der Dialogrunde „Forum Kultur & Gesellschaft“ diskutierte Doris Helmberger-Fleckl, Chefredakteurin der „Furche“, mit namhaften Experten über die Lehren aus der Krise für Kunst und Kultur.

Steirischer Kultur- und Europalandesrat Christopher Drexler.

Deutlich wurde im vergangenen Jahr: Kultur ist für viele Menschen kein „Lebensmittel“ und somit nicht überlebensnotwendig. „Wenn der Wohlstand kippt, dann wird Kultur infrage gestellt“, analysierte Christian Kircher, Geschäftsführer der Bundestheater-Holding. „Aber das ist zu kurz gedacht, denn Kultur zeigt auf, was es bedeutet, Mensch zu sein. Wir dürfen die Augen nicht für unsere Umwelt schließen.“ Seiner Meinung nach habe Kultur die Chance, Europa eine Seele zu geben. Kulturlandesrat Christopher Drexler registrierte bei den Menschen eine unglaubliche Sehnsucht nach Kunst und Kultur. Mit Lojze Wieser und Olga Flor zeichneten auch zwei Schriftsteller ihr Bild von dem Motto „Reset Europe“. „Europa kann nicht auf gleichen Fundamenten aufgebaut werden“, betonte Wieser und sprach damit etwa die Literatur in Osteuropa an, die eine systematische Förderung und Übersetzung verdiene. „Die Förderung der Sprachen fördert auch die Hirntätigkeit, wodurch eine Befreiung der Gesellschaft zustande kommen kann.“ Flor zeigte Unbehagen für den Begriff Reset, weil sie es mit „Stecker ziehen“ gleichsetze. „Wir müssen Europa nicht re­boo­ten.“ Viel eher verlange sie als politische Autorin Regierungen, die sich für die Bedürfnisse der Gesellschaft einsetzen und weniger an der Stabilität der Demokratie rütteln. Hier müsse die Kultur ein scharfer Beobachter bleiben.

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