Kartell

Brüssel gegen Facebook, Bonn gegen Google

Die EU-Kommission leitet eine Untersuchung gegen das soziale Netzwerk ein.
Die EU-Kommission leitet eine Untersuchung gegen das soziale Netzwerk ein.(c) imago images/onw-images (Marius Bulling via www.imago-images.de)
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Die EU-Kommission leitet eine Untersuchung gegen das soziale Netzwerk ein. Nicht nur sie ermittelt.

Brüssel/Bonn. Die EU-Kommission startet eine förmliche Untersuchung gegen Facebook wegen des Verdachts auf Wettbewerbsverstöße beim Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace. Über den Marketplace können Nutzer des sozialen Netzwerks privat Waren voneinander kaufen und verkaufen. Die EU-Kommission will nach eigenen Angaben klären, ob Facebook seine Stellung auf anderen Märkten für diesen Dienst wettbewerbswidrig ausnutzt.

Wenn Konkurrenzunternehmen bei Facebook für ihre Dienste Werbung schalten, könnte Facebook in Besitz wirtschaftlich wertvoller Daten gelangen und diese dann gegen Wettbewerber nutzen, lautet der Verdacht. „Wir werden weiter voll mit der Untersuchung kooperieren, um zu zeigen, dass sie grundlos ist“, teilte der US-Konzern mit.

Die EU-Kommission sieht jedenfalls einen Anlass für eine intensive Prüfung. „Nach Abschluss ihrer vorläufigen Untersuchung kann die Kommission nicht ausschließen, dass Facebook den Wettbewerb im Bereich der Online-Kleinanzeigendienste verfälscht“, erklärte die Brüsseler Behörde. So könnte Facebook etwa aus den Werbeaktivitäten seiner Wettbewerber genaue Informationen über Vorlieben der Nutzer ableiten. Diese Informationen könnten dann genutzt werden, um Facebook Marketplace zu optimieren.

Facebook wird jeden Monat von fast drei Milliarden Menschen genutzt und verfügt über insgesamt fast sieben Millionen Werbekunden, so EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Das Unternehmen sammle riesige Mengen an Daten über die Aktivitäten der Nutzer seines sozialen Netzwerks und anderer Dienste und sei daher in der Lage, bestimmte Kundengruppen gezielt zu erreichen. Die Kommission werde eingehend untersuchen, ob Facebook dank dieser Daten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil habe. „Wir müssen dafür sorgen, dass Daten in der heutigen digitalen Wirtschaft nicht zur Verzerrung des Wettbewerbs genutzt werden“, betonte die Kommissionsvizepräsidentin.

Bei der Prüfung soll es auch darum gehen, ob die Einbettung von Facebook Marketplace in das soziale Netzwerk eine Kopplung darstelle, mit der Facebook konkurrierende Online-Kleinanzeigendienste behindern oder ausschließen könnte. Dies könnte ein Verstoß gegen Vorschriften zur Abwehr wettbewerbswidriger Vereinbarungen zwischen Unternehmen sein, wie es weiter hieß. Das Verfahren werde ergebnisoffen geführt.

Auch die britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde CMA (Competition and Markets Authority) habe am Freitag eine Untersuchung zur Nutzung von Daten durch Facebook eingeleitet. Man werde versuchen zusammenzuarbeiten, erklärte die Kommission weiter.

Kein Verdrängen erwünscht

Auch ein anderer US-Konzern sieht sich derzeit mit regulatorischem Gegenwind konfrontiert. Das deutsche Bundeskartellamt mit Sitz in Bonn hat nach einer Beschwerde der Verwertungsgesellschaft Corint Media seine Untersuchungen gegen Google ausgeweitet. Konkret leiteten Deutschlands oberste Wettbewerbshüter eine kartellrechtliche Prüfung des Angebots Google News Showcase ein. Die Behörde nutzt dabei erneut die neuen rechtlichen Möglichkeiten, um gegen große Internetkonzerne vorzugehen.

Das Bundeskartellamt prüft seit Wochen, ob Google eine marktübergreifende Bedeutung hat. In einem zweiten Verfahren nimmt die Behörde die Konditionen für die Datenverarbeitung unter die Lupe. Nach Verfahrensabschluss könnten bestimmte Verhaltensmuster oder Maßnahmen untersagt werden.

Mit dem News Showcase ermöglicht Google Verlagen, ihre Inhalte prominent im Web zu platzieren. Dabei erhalten die Inhalteanbieter eine Vergütung. Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, erklärte, eine Kooperation mit Google könne für Verlage attraktiv sein und Verbrauchern neue oder verbesserte Informationsangebote bieten. „Es muss jedoch sichergestellt werden, dass es dabei nicht zu einer Diskriminierung von einzelnen Verlagen kommt.“ Auch dürfe die starke Stellung von Google beim Zugang zu den Endkunden nicht zu einer Verdrängung konkurrierender Angebote von Verlagen oder Nachrichtenanbietern führen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2021)

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