In der Nato hat man auf die neuen Gefahren längst reagiert – im Gegensatz zu Österreich.
Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne Kampf zu brechen“, schrieb der chinesische General Sunzi. Seine vor zweieinhalb Jahrtausenden niedergeschriebene Vision scheint heute auf eine beängstigende Art und Weise Wirklichkeit zu werden. Die digitalen Attacken eines passenderweise „Trojaner“ genannten Computerprogramms auf Industrie- und vermutlich auch Atomanlagen im Iran zeigt dieser Tage eindringlich, dass die Welt längst im Zeitalter der Cyber-Kriege angekommen ist.
Was vor zehn Jahren allenfalls ein Drehbuch für einen Horrorfilm war – dass ein „Feind“ auf elektronischem Weg die Kontrolle über tödliche Waffensysteme oder Atomkraftwerke erlangt –, ist plötzlich eine reale Bedrohung. Die Nato hat längst reagiert und ein Forschungszentrum eingerichtet. Doch was hat es zu bedeuten, wenn die Allianz nun Cyber-Attacken in den Bündnisfall einbeziehen will? Tatsache ist, dass sich die Urheber digitaler Angriffe perfekt aufs Tarnen und Täuschen verstehen und falsche Fährten legen.
Woher eine ballistische (Atom-)Rakete kommt, ist eindeutig feststellbar. Woher ein digitaler Angriff kommt, ist es meistens nicht. Die Einbeziehung von Cyber-Attacken in die neue Nato-Strategie verrät also auch eine gewisse Hilflosigkeit. Immerhin hat man das Problem vor Jahren erkannt. Im Gegensatz zu Österreich. Hierzulande war man offenbar lange der Meinung, dass auch vor Attacken aus den Weiten des Internets am besten eines schützt: die Neutralität.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2010)