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Wenn Technik im Bienenstock einzieht

(c) Franziska Hackl
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Die Biene erobert die Herzen der Städter. Denn mit technischer Unterstützung ist die Imkerei viel einfacher geworden.

Die Gründungsgeschichte eines Wiener Startups führt in einen montinegrinischen Nationalpark mit fast unberührter Natur. Dort betreibt der Großvater einer jungen Studentin der Computerwissenschaften Bienenstöcke. Der Verdienst aus dem Honig ist jedoch schwer erarbeitetes Geld: mehrere Stunden braucht der Imker, um zu den Bienenstöcken zu gelangen und nach dem Rechten zu sehen. Das soll einfacher gehen. Der erste Prototyp, den die Enkelin zusammen mit ihrem Kollegen, der später sogar ihr Partner wurde, entwickelt hat, soll den Opa per SMS über die wichtigsten Parameter – etwa wie viel Kilo Honig jeder Stock trägt – informieren und damit Fahrzeit sparen.
Heute sieht das technische Helferlein viel professioneller aus: “Mit BeeAndme lesen wir über Sensoren den Bienenstock aus und liefern Imkern notwendige Daten”, erklärt CEO Martin Bittner, der zusammen mit einer Gruppe von Business Angels vom Studenten-Paar die Idee übernommen und weiterentwickelt hat. Informationen zu Temperatur, Gewicht und Luftfeuchtigkeit werden aus dem Inneren des smarten Bienenstocks ausgelesen, in die Cloud übertragen und die Werte für den Imker visuell aufbereitet. Der Akku hält bis zu zehn Jahre. Ein Zählsystem ist gerade in Testung. Mit einer Kamera kann der Imker sehen, wie die Bienen aus- und einfliegen oder ob der Stock von Feinden bedroht wird. Das erspart Kontrollbesuche, die in der Hochsaison alle ein bis zwei Wochen erfolgen müssten. 

Die Imkerei boomt

BeeAndme hat seinen Hauptsitz in Wien und besteht aus einem Team leidenschaftlicher Bienenfreunde. Seit 2017 wurden 55 Prototypen in zwei Serien entwickelt. Mit Partnern aus der Industrie wird soeben an einer weiteren Produktion noch intelligenterer Bienenstockmonitore gearbeitet. Der technologische Fortschritt geht trotz vieler Vorteile nur langsam voran: “Wir haben schnell gesehen, dass Imker im technologischen Bereich noch sehr spartanisch aufgestellt und wenig digital affin sind”, so Bittner. Das verwundert kaum, denn “von den rund 30.000 Imkern, die es in Österreich gibt, sehen nur circa ein Prozent die Imkerei als Broterwerb. 99 Prozent betreiben Bienenstöcke als Hobby. Daher ist die Digitalisierung auch noch kein Thema”. Noch nicht. Denn in den letzten Jahren boomt die Imkerei und inzwischen interessieren sich auch immer mehr Junge dafür – und damit wächst das Interesse an technischen Lösungen.

Über Wiens Dächern

Die Bienenstockmonitore von BeeAndme kommen inzwischen an 50 Standorten weltweit zum Einsatz, von Holland, Frankreich und Spanien bis ins Silicon Valley. Zielgruppe sind neben digital affinen Imkern auch Unternehmen. So etwa befinden sich auf mehreren Dächern, Balkonen und Terrassen in Wien Bienenstöcke, die von BeeAndme komplett gemanagt werden und dazu beitragen, dass die Biene wieder Lebensraum mitten in der Stadt gewinnt. Unternehmen können die Daten, die aus dem Bienenstock gewonnen werden, in den Kommunikationskanälen des eigenen Unternehmens weiterschicken. In der eigenen WebApp kann man auch gewonnene Daten als “public Bienenstock” publizieren und wieder andere Interessenten für die Imkerei motivieren – dem “Open Data”-Konzept nachempfunden. Monitore stehen etwa auf dem Dach der TU Wien und auch die Münze Österreich hat im begrünten Innenhof eine Bienenkolonie, deren Honig online verkauft wird.

Vom Land in die Stadt

Der Hype um die Honigbiene hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass sich immer mehr Städter für die Imkerei interessieren.  “Die Imkerschaft schiebt sich vom Land in die Stadt”, beobachtet auch Tadej Čertov vom Kärntner Startup Beesaver, einer digitalen Bienenstockwaage. Gemeinsam mit seinem TU-Kollegen Karl Maier baute er vor rund zwei Jahren den ersten Prototyp und stattete die Bienenvölker mit Sensoren aus. Vom Gewicht bis zur Temperatur geben Daten Einblick in die Gesundheit des Bienenstocks. “Der Bienenstock ist eine Blackbox. Von draußen weiß man nicht, was sich drinnen abspielt. Als Imker hat man nur die Möglichkeit den Deckel zu öffnen und reinzuschauen – das aber stört die Bienen”, so Čertov.

Bessere Planung mit Daten

Beesaver besteht neben den Sensoren im Bienenstock auch aus einer App, in der alle Daten gesammelt werden. Die Bienenstock-Dokumentation ist zu Analysezwecken und zur Vorbereitung auf das nächste Jahr wichtig und die Digitalisierung kann hier helfen, die ausgelesenen Daten jederzeit abzurufen. Bei der Entwicklung wurden Imker mit ihrem Praxiswissen von Beginn an miteinbezogen und nach einer langen Testphase könnte mit den ersten Lieferungen begonnen werden. “Am Anfang war die Skepsis groß, wie die Imker reagieren werden, aber wir sind positiv überrascht worden – gerade von der älteren Generation”, so Čertov. Mit dem digital unterstützten Bienenstock kann der Imker unter den Kollegen mit seinem technischen Fortschritt angeben und Daten austauschen.

Die steigende Zahl an Bienenstöcken hilft auch der Natur. “Durch das wachsende Interesse für die Honigbiene, profitieren auch andere Insekten, wie die Wildbiene, die vom Aussterben bedroht ist” – dadurch werden sich auch immer mehr Menschen der wichtigen Rolle im Ökosystem bewusst.

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