Expertentagung: Wie Österreich sich vor dem Cyberkrieg schützt

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Warnung der Datenschützer. Der Gesetzgeber hinke hinterher und stelle zu wenig Mittel für den Schutz der Computersysteme bereit.

[Baden bei Wien]Die Gruppe, die gestern und heute im Grand Hotel Sauerhof in Baden bei Wien zusammengekommen ist, kennt sich mit Viren, Würmern und Trojanern bestens aus. Es handelt sich aber nicht um einen Kongress von Epidemiologen, Nematoden-Experten oder Altertumswissenschaftler, sondern um eine Fachtagung zur „Sicherung Strategischer Informationsinfrastrukturen“.

Seit zuletzt Computerangriffe mit dem bösartigen Programm „Stuxnet“ Industrie-Steuerungsanlagen bedrohten, sind die Verantwortlichen aufgeschreckt. Experten sprechen vom ersten Beispiel für den Cyberkrieg.

Zuletzt kursierten Gerüchte, wonach Stuxnet von israelischen Geheimdiensten in Umlauf gebracht worden sein könnte, um das iranische Atomprogramm zu sabotieren. Tatsächlich meldete der Iran einen Befall seiner Siemens-Steuerungscomputer. Mirco Rohr vom Anti-Viren- und Computersicherheitsunternehmen „Kaspersky Labs“ relativiert die Gerüchte einer israelischen Urheberschaft: „Im Programmpfad heißt ein Element zwar ,Myrtus‘, von dem sich der alttestamentarische Name ,Esther‘ ableitet. Das Element selbst heißt aber ,Guava‘: Eine Pflanze, die man vor allem in Brasilien findet.“

Aber wer hat das gefährliche Computervirus, das Steuerungssysteme in Verkehrsleitzentralen, Industrieanlagen, Kraftwerken bis hin zu Molkereien angreifen könnte, in Umlauf gebracht? Eine definitive Antwort gebe es nicht, meint Rohr. Oberst Walter Unger, Computersicherheitsexperte im Verteidigungsministerium, meint am Rande der Konferenz in einer Expertendiskussion, „die Sensibilität ist nach dem Stuxnet-Fall sicher viel höher. Aber die Politik ist mit derart vielen Themen konfrontiert, da kann das Thema rasch wieder an Dringlichkeit verlieren.“ Kurt Einzinger, Vorstandsmitglied der Internet Service Providers Austria (ISPA), wirft ein: „Der Gesetzgeber hinkt immer hinterher.“

„Zu wenig Mittel für den Schutz“

Zuletzt häuften sich Berichte über Attacken auf österreichische Rechner in Ministerien. Ein anderes Mal brachten österreichische Beamte virenverseuchte USB-Sticks mit – ausgerechnet von einer Nato-Tagung. Vergangenes Jahr erregte eine Verseuchung mit Computerviren von Rechnern der Kärntner Landesregierung Aufsehen. „Dort hatte man das Problem zeitgerecht erkannt. Aber es wurden die notwendigen Mittel nicht bereitgestellt. Erst, als die Situation kritisch geworden ist, hat man dann sehr rasch reagiert.“ Für den elektronischen Schutz sei in Österreich generell zu wenig Geld da.

„Computerspionage läuft heute rund um die Uhr“, meint Oberst Unger, „denn mit Hacking hat man die Möglichkeit, an Materialen zu gelangen, ohne einen Spion physisch darauf anzusetzen.“ Und wie groß ist die Gefahr eines Angriffs auf Banken? Unger: „Die Banken sind sehr gut abgesichert.“ Besser als die Verwaltung? Da kann Oberst Unger nur milde lächeln. Thomas Seifert

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2010)

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