Leiharbeitsfirmen lassen AMS Stehzeiten zahlen

AMS, Arbeitslose, Arbeit, Job, Arbeitssuche, Krise, Arbeitsamt  Foto: Clemens Fabry
AMS, Arbeitslose, Arbeit, Job, Arbeitssuche, Krise, Arbeitsamt Foto: Clemens Fabry(c) (Clemens Fabry)
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Wenn Leiharbeiter gerade nicht in Betrieben eingesetzt sind, werden sie von ihren Verleihern oft für wenige Wochen gekündigt und kassieren Arbeitslosengeld. Die Gewerkschaft spricht von Missbrauch.

Die österreichische Leiharbeiter-Branche lässt das Arbeitsmarktservice (AMS) für Stehzeiten zwischen zwei Beschäftigungsverhältnissen zahlen. Die Krankenkassen schauen durch diese Vorgangsweise "durch die Finger", wie der "Standard" berichtet.

Überproportional häufig werden nämlich bei den Arbeitskräfteüberlassern Mitarbeiter abgemeldet, die dann innerhalb von 14 Tagen beim selben Betrieb wieder angestellt werden. Für die zweiwöchige Stehzeit kassieren die Betroffenen Arbeitslosengeld. Konkret war diese Vorgangsweise bei Zeitarbeitsfirmen im Vorjahr 1.891 mal der Fall. Das sind 18,3 Prozent der Fälle, obwohl die Branche nur 1,75 Prozent aller Arbeitskräfte beschäftigte.

Kündigungsfrist erst nach einer Woche

Für die Gewerkschaft ist diese Praxis eindeutig Missbrauch. Offenbar gebe es Wiedereinstellungszusagen. Die Firmen würden nur die Kosten von kurzfristigen Auftragslücken auf das AMS, und somit den Staat, überwälzen, so Rene Schindler von der Produktionsgewerkschaft PRO-GE. Per einvernehmlicher Vertragsauflösung würden die Kündigungsbestimmungen umgangen. Denn in der ersten Woche einer Stehzeit dürfen Leiharbeiter laut Kollektivvertrag nicht gekündigt werden. Erst danach beginnt die 14-tägige Kündigungsfrist.

Krankenkassen können volle Beiträge verlangen

Das Überwälzen von Kosten auf das AMS sei rechtlich nicht zulässig. Es gebe bereits eine klare Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH). Demnach ist es gesetzwidrig, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausmachen, den Mitarbeiter im Krankheitsfall abzumelden und später wieder einzustellen. Das könne man auch auf die Leiharbeiter übertragen. Die Zeitarbeitsfirma sei verpflichtet, ihre Leute auch in Stehzeiten zu bezahlen. Man könne nicht per einvernehmlicher Kündigung ausmachen, dass die Kosten vorübergehend das AMS übernimmt.

Die Krankenkassen könnten somit diesen Betrieben die vollen Sozialversicherungsbeiträge vorschreiben. Auch die Mitarbeiter könnten rückwirkend bis zu drei Jahre klagen: Ihnen stehe für die Stehzeiten das volle Gehalt, und nicht nur das Arbeitslosengeld zu.

Branchenverband: Ohne uns gar kein Job

Die Arbeitskräfteüberlasser sehen die Situation ganz anders: Ohne ihre Branche würden die Betroffenen durchgängig beim AMS landen und bekämen gar keinen Job, so der Präsident des Zeitarbeitsverbandes, Alexander Praschek. Außerdem vermittle die Branche die meisten älteren Arbeitskräfte und Langzeitarbeitslosen.

Mit dem Anspringen der Konjunktur erlebt die Leiharbeiterbranche wieder einen Boom: Die Zahl der beschäftigten Leiharbeiter erhöhte sich im August im Jahresvergleich um knapp 31 Prozent oder um 20.002 auf 84.666 Beschäftigte.

Ein Drittel hat Einstellungszusage


Das AMS erhebt regelmäßig die Wiedereinstellungszusagen in den einzelnen Branchen. Im zuletzt ausgewiesenen Zeitraum vom Jänner bis August 2010 wurden 115.259 Leiharbeitskräfte angemeldet, davon hatte mehr als ein Drittel, nämlich fast 40.000, eine Wiedereinstellungszusage. Deutlich höher ist der Anteil der Betroffenen mit Wiedereinstellungszusage bei künstlerischen und kreativen Tätigkeiten. Hier hatten im Berichtszeitraum 88 Prozent oder rund 23.000 Betroffene eine Wiedereinstellungszusage.

(APA)

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