Festival

Dampflok und Elektrorad, Michael Jackson und die Schrammeln

Archivbild aus dem Jahr 2019, doch auch dieses Jahr war die Gesangskapelle Hermann beim  „Schrammel.Klang.Festival“ in Litschau zu Gast.
Archivbild aus dem Jahr 2019, doch auch dieses Jahr war die Gesangskapelle Hermann beim „Schrammel.Klang.Festival“ in Litschau zu Gast.© Stephan Mussil
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In Litschau kombiniert man Schrammelmusik mit Musik aus aller Welt – heuer noch an einem zweiten Wochenende.

Der „Donauwalzer“ verschmilzt mit den „Capri-Fischern“, Michael Jacksons „Billie Jean“ wird zum Tango und die „Fata Morgana“ der EAV zur Miniaturoper: Der samstägige Auftritt des Quartetts Folksmilch führte sozusagen im Extrem vor Ohren, dass das „Schrammel.Klang.Festival“ in Litschau den Rahmen der Wiener Musik – die dort selbstverständlich weiterhin in hoher Qualität dargeboten wird – längst sprengt. „Wir leben unseren Wahnsinn aus“, erklärte Sänger/Bassist Eddie Luis. In diesem Sinn trommelte er auch mal auf dem Corpus seines Kontrabasses, und Geiger Klemens Bittmann legte sein Instrument ab, um in höchsten Tönen zu singen. Ein mitreißender Auftritt voll skurriler Adaptionen und kreativ umgeformter Klassiker, mit Charme und Humor sowie einwandfreier Technik.

Danach hatte es Tini Kainrath in ihrem ruhigeren Konzert mit „Schrammeln und die Jazz via Brasil“ nicht leicht, die Spannung zu halten. Umso mehr gefiel sie am Sonntag Vormittag am („Kultur“-)Bahnhof nach Ankunft einer Dampflok gemeinsam mit Fifi Pissecker, Urgestein Rudi Koschelu und Marie-Theres Stickler mit Urigem und Amüsantem, mit raunzertem Wienerlied und Schmäh von der Gasse.

„Ich faschiere, du faschierst ..."

An den Nachmittagen zog es das Publikum – angenehmerweise wurden heuer nur 1000 Karten pro Tag aufgelegt, was die Besucherströme gut verteilte und Gedränge verhinderte – auf den Schrammel.Pfad rund um den Herrensee, wo auf neun Bühnen mitten in der Natur unzählige Formationen auftraten, auch hier bei weitem nicht ausschließlich mit klassischer Schrammelmusik.

Vor allem die nur von Beatboxen begleitete Gesangskapelle Hermann zog das Publikum an. Lässig groovend sang sie vom „Elektroradl“, mit dem man sich „das Schwitzen und das Schnaufen sparen“ kann, reimte nicht nur „elegant“ auf „wortgewandt“, sondern bewies, dass beide Attribute für sie gelten. Ein Ohrwurm: das skurrile Lied, in dem „Ich faschiere, du faschierst, . . .“ konjugiert wird. Ging man weiter den Pfad entlang und folgte dem Applaus, stieß man etwa auf das Duo Vila Madalena, den Akkordeonisten Nikola Zarić und den Klarinettisten Franz Oberthaler, deren energiegeladenes Spiel die Herkunft der beiden – Serbien und Tirol – fusionierte, aber auch zur Freude der Wienerlied-Freunde eine elegante Interpretation des „Nussdorfer Sternderls“ und eine schwungvolle Klezmer-Adaption von „Hevenu Shalom Alechem“ brachte.

Erstmalig zieht sich das Festival heuer über zwei Wochenenden, am nächsten Freitag treten etwa das Trio Lepschi, Die Strottern und Kollegium Kalksburg auf. Auf dem Schrammel.Pfad sind unter anderen Agnes Palmisano, die alpine Volksmusik-Formation Knoedel und die Karl Hodina gedenkende Formation Seavas Koarl dabei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2021)

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