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Der Wilde Westen ist frischer als die Highschool

KINO, WESTERN, INDIANER, APACHE
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Was alt ist, wird kaum noch älter als alt. Die neuen Sachen verfallen dafür rasch und sichtbar.

Neue Filme werden schneller alt als alte. Es ist ähnlich wie bei der Sicht von Kindern auf Erwachsene. Da ist es egal, ob jemand 22 oder 63 ist, sie fallen alle in den riesigen Pool „alt“. Fragt man etwa, wie alt diese oder jene Lehrperson ist, hört man „alt halt“, was zu einer gewissen Überraschung führt, wenn man dann in der Sprechstunde einer 23-jährigen Professorin gegenüber sitzt. Das Gute daran ist allerdings, dass es jenseits dieser Altersklasse nur noch die Steigerung „uralt“ gibt, die auch viele Jahrzehnte umfassen kann.

Bei den Filmen geht es um Lebenswelten: Versucht man etwa, Jüngeren Filme wie „E.T.“ näherzubringen, wird er mit der Frage, aus welchem Jahrhundert der denn bitte stammt (18.?), als viel älter klassifiziert als etwa einer der ersten James-Bond-Filme. Ein ganz alter Western wirkt ebenso frischer als eine US-Highschool-Komödie aus den 90er-Jahren.

Warum das so ist, hängt wohl mit der Vergleichbarkeit der Lebenssituation zusammen. Menschen in Western sind de facto kostümiert. Junge Menschen in „La Boum“ sehen allerdings so aus, wie sie vielleicht vor 100 Jahren ausgesehen haben müssen. In der Meinung junger Seher zumindest. Coole Filme aus dem Jahr 2010 sind uncooler als jene aus dem Jahre 1998, weil der ohnehin nicht mehr so tut, als sei er frisch.

So wird es also nichts mit der gemeinsamen sentimentalen Reise zu den Lieblingsfilmen von damals. Bei der Musik funktioniert es im Gegensatz dazu schon. So wie die eigenen Eltern Elvis und Neil Diamond in einem verankert haben, so sind auch heutige Kinder empfänglich für die Sounds von früher. Das hat aber mehrdamit zu tun, dass diese ohnehin ständig recycelt werden. So wollte mir unlängst ein junger Mensch tatsächlich „Gangsta's Paradise“ als neuen Hit verkaufen. Der stammt aus dem Jahr 1995, Oida.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2021)

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