Ginga: Ein Widerspruch in Bandformat

(c) Hannah Mayr
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Weder tiefgründig, noch platt: Atmosphärische Lieder sind die Stärke der heimischen Popgruppe Ginga. Der Presse.com erzählt sie von ihrem neuen Album „They should have told us“.

Sie wurden als das bestgehütete Pop-Geheimnis Österreichs bezeichnet, das nun endlich gelüftet ist: Die vier Wiener Alex Konrad, Emanuel Donner, Klemens Wihlidal und Matthias Loitsch, die unter dem Namen Ginga firmieren und mit ihrer Single „Final Call" seit zwei Wochen die oberste Position in den FM4-Radiocharts belegen. Konzerte bis nach London haben sie gespielt, dem Bassisten James Stelfox der britischen Band Starsailor gar so gut gefallen, dass er gleich Teil der Gruppe werden wollte und Mitte September nun ihr Album „They should have told us" veröffentlicht.

Kennt man diese Vorgeschichte, ist man doch überrascht, als sie beim Interview-Termin etwas schüchtern und auch noch ein wenig unerfahren wirken. Irgendwie wollen sie nicht allzu viel über ihr Musikschaffen erzählen und halten sich allgemein. Sprudelt es dann doch einmal aus ihnen heraus, fallen sie sich gegenseitig ins Wort - irgendwie charmant, merkt man doch, dass die Mittzwanziger schon seit längerem befreundet sind. Etwas mehr als fünf Jahre dürften es sein, dass sie sich aus zwei Musiker-Duos zu einer Patchwork-Band zusammengeschlossen haben. Der Namen Ginga wurde dabei schon davor kreiert, als vermeintliches Fantasiegebilde. Erst später fand man heraus, dass das Wort bereits existiere und sogar mehrere Bedeutungen habe. „Auf Japanisch bedeutet es Galaxie und Milchstraße, kommt drauf an, wie man es ausspricht. Auf Portugiesisch heißt eine bestimmte Bewegung der Capoeira-Tanzkunst so und auf Englisch ist es ein Schimpfwort für Rothaarige", erklärt Konrad.

Wie Zimt klingt

Ginga haben „They should have told us" bereits vor zwei Jahren in Eigenregie aufgenommen und nun, nachdem ein belgischer Booker auf das Quartett aufmerksam geworden war, in Belgien ein zweites Mal eingespielt. Herausgekommen ist ein sehr emotionales, teilweise auch melancholisches Album, das trotz seiner vielen verschiedenen Einflüsse mit einer Stimmigkeit überzeugt und schwer in eine vorgefasste Schublade passt. Das zurückhaltende, zart-weiche „Cinnamon" ist ein Hin- und Her zwischen Bleiben und Loslassen, auch in „Fire", „Fever" und „Final One" geht es um Zwischenmenschliches, um Liebesbeziehungen. „They should have told us", das Konrad geschrieben hat, um „sich zu motivieren, um großflächig weiterzumachen", beschäftigt sich mit dem eigenen Dasein, dem Schicksal.

Die meisten Lieder drehen sich also um persönliche Themen, auch wenn Konrad - der die Texte gemeinsam mit dem Singer/Songwriter Fabian Patzak verfasste - dabei nicht allzu viel von sich preisgeben möchte. Deswegen betreibe er auch kein „Story-Telling, sondern Sentence-Dropping", wie er es selbst ausdrückt. „Wir schreiben zuerst die Musik, dann die Texte. Doch während des Musikmachens kommen schon Bilder, Ideen, Phrasen, die dann zu Textkette ausgebaut werden. Wobei die Texte nicht rein klangmalerisch sind, es geht schon auch um Atmosphäre und Stimmung." Das Wort „Cinnamon" habe er aber nur wegen seines Klanges ausgesucht, „den fand ich einfach super. Es gibt eine Probeaufnahme, wo ich die ganze Zeit nur ‚Cin-na-mon' singe. ‚Cin-na-mon'."

So singt Konrad in den Liedern immer wieder in kaum fassbaren Zeilen, lässt sich nicht auf eine Aussage festmachen, weil er „solche Leute nicht mag, die mir zu viel von sich selbst erzählen wollen, die einem das so aufzwingen", oder schiebt billige Klischees vor. „Don't cry, the sun will return to shine to dry your wetsmudgedeyelinereyes" heißt es in der stampfenden, ersten Single „Fashion". Ernsthaftigkeit wird also nicht allzu groß geschrieben, vielmehr mache es Spaß, „Sachen mit einer Ernsthaftigkeit unernst zu machen, darüber zu witzeln" - wie zum Beispiel bei der Zeile „this goes out to every boy and girl". Bei der man nicht wisse, „ob sie ernst gemeint ist oder einfach das Echo von Lockvöglen", meint der Sänger.

Der Reiz des Widerspruchs

Doch auch wenn es Konrad „Sentence-Dropping" nennt, können so bedeutungsschwangere Zeilen wie „When I was a young boy, I stole my fathers razorblade, cut off my shadow in the shade, still it follows me to the grave" („Fashion") oder auch einfach so logische Formulierungen wie „They should have told us anyway, they could have told us briefly, that faith wont't wait ‚till it's to late" („They should have told us") dabei entstehen. Eine Band des Widerspruchs? Ja, und es ist nicht nur einer. Auch wenn Ginga in ihren Texten kaum Tiefgründiges zulassen, wirken diesen nicht einfach oder gar platt. Die Klischees werden enttarnt und mit einem Schmunzeln aufgenommen.

Die Melodien sind eingängig und dann doch abwechselnd aufbrausend und zurückhaltend. Konrad versteht nur zu gut, seine Stimme zu modellieren, sie erst zart anschmiegend und vertrauensvoll klingen zu lassen, um sie dann mit einer Korrektheit und Schärfe zu hinterlegen oder langsam in die Höhe wandern zu lassen. „Still you turn me on, still you turn me down" singt Konrad mit honigsüßer, ehrlicher Stimme in „Cinnamon". Er kreiert stimmungsvolle Bilder, spielt mit Worten, Wortkombinationen und Wortklängen.„Eigentlich sucht man sich die ganze Zeit Bilder, die einen anmachen", meint er.

Und während sich die Fans noch an diesen Gedankenbildern erfreuen, sind die vier Musiker schon beim nächsten Album und wollen die alten, abgenudelten Lieder gar nicht mehr hören. „Lieblingslied? Man kann es eher daran messen, welches man noch am ehesten aushält", gibt Wihlidal zu. Vor allem die erste Single „Fashion" habe man „schon so oft neu gemischt, bearbeitet, beim Videodreh in Schleife gehört und in unterschiedlichen Geschwindigkeiten gespielt", dass sie für Loitsch ziemlich sicher nicht das Lieblingslied der Platte ist. Bei Konzerten würden sie aber alle nach wie vor Spaß machen und „ es ist weiterhin ein Anreiz, die Lieder noch einmal besser zu spielen, auch wenn wir sie schon tausend Mal gespielt haben", so der Schlagzeuger. Das muss man der Band nicht einfach glauben, davon kann man sich demnächst selbst überzeugen: Ginga treten am Freitag (15.10.) in der Arena auf, wo sie trotz ihrer Abneigung mit Sicherheit auch „Fashion" wieder spielen werden - und das ist auch gut so.

Das Video zu ''Fashion''

Ginga

„They should have told us“ erschien Mitte September bei monkey.music.

Am 15. Septmeber spielen Ginga live beim Geburtstagsfest „Teengap“ des Magazins „the gap“ in der Wiener Arena.

Ginga sind:

Alex Konrad – Gesang, Gitarre
Emanuel Donner – Violine, Gesang
Klemens Wihlidal – Gitarre, Klavier/Keyboard
Matthias Loitsch – Schlagzeug
Seit 2010 ist auch James Stelfox, Bassist von Starsailor, Mitglied der Band.

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