Forum Alpbach

Ruf nach einheitlichem Kapitalmarkt

EU-Staaten beschlieszen haerteren Kurs gegen Russland
EU-Staaten beschlieszen haerteren Kurs gegen RusslandAPA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene
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In Europa finanzieren sich die meisten Unternehmen über Bankkredite, in den USA über den Kapitalmarkt. Doch der ist in Europa äußerst zersplittert, einheitliche Regeln fehlen.

Beim Forum Alpbach ist auch die Krux eines fehlenden europäischen Kapitalmarkts Thema. Die EU versucht eine Kapitalmarktunion aufzubauen, doch bisher gibt es noch keine. Der Austritt Großbritanniens hat den größten Kapitalmarkt aus der Union zu einem „Überseegebiet“ werden lassen, der zweitgrößte Kapitalmarkt Schweiz war nie in der Union. „Wenn es so leicht wäre, wäre es schon getan“, sagte EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness, sie will die Thematik aber voranbringen. „Wir wollen eine starke Kapitalmarktunion schaffen, die es erlaubt, dass mehr Gelder in gesunde Unternehmen fließen“, so McGuinness in einer Diskussionsrunde. „Gleichzeitig soll sie dazu dienen, gegen den Klimawandel und den Biodiversitätsverlust vorzugehen. Wir brauchen eine Kapitalmarktunion, um in jene Zukunft zu gelangen, von der alle sprechen.“
Als Schwierigkeit machte die EU-Kommissarin die Nationalstaaten aus. Viele würden in Brüssel ihre Unterstützung zusagen, zu Hause aber anders handeln. „Es ist politisch schwierig“, sagte McGuinness, trotzdem sei sie optimistisch. Europa habe Kapitalmärkte in den Mitgliedsstaaten fragmentiert, aber keinen gemeinsamen. „Das kann nicht weitergehen.“

„Risikobereiter als Banken“

Forum-Alpbach-Präsident und Ex-Erste-Group-Chef Andreas Treichl kritisierte, dass die Politik egal welcher Couleur seit Jahren so tue, als wäre ein Investment in Aktien Spekulation. Junge Gründer bekämen von Banken oft keine Kredite, weil diese als zu risikobehaftet eingestuft werden, sagte Maria Demertzis, Vizedirektorin des Brüsseler Bruegel-Thinktanks. Der Kapitalmarkt wäre aber risikobereiter. Auch sie hob die Bedeutung von Risikokapital für grüne Investitionen hervor. Diskussionsleiter Thomas Wieser, ehemaliger Leiter der Euro-Arbeitsgruppe, sagte, es gehe darum, in der Kapitalbeschaffung den besten Mix zu erreichen – für Sparer, Verbraucher, Bürger, Unternehmen. Das Lukrieren von Kapital sei immer schon herausfordernd gewesen, die Herausforderungen würden aber immer größer. Hier sprach er etwa den ökologischen Wandel und die Alterung der Gesellschaft an. „Damit kann nur umgegangen werden, wenn wir in Europa einen stärkeren Kapitalmarkt schaffen.“
Der Verwaltungsratspräsident der Schweizer Großbank UBS und frühere Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, zeichnete ein relativ dunkles Bild rund um Krisen (Pandemie, Umwelt, Finanz),in deren Mitte sich die Welt befinde, und forderte beim Aufbau eines Kapitalmarkts ein Klotzen statt Kleckern. Er forderte gleich einen 100 Billionen Euro schweren grünen Kapitalmarkt für Europa. Asien und die USA hätten einen großen Kapitalmarkt, Europa nicht. Wenn man darauf warte, dass deutsche Einlagebanken hier Impulse setzten, dann werde es nie einen großen Kapitalmarkt geben. Ein solcher sei aber notwendig, um die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu gewährleisten: „Entweder du sitzt bei Tisch oder du stehst auf der Menükarte.“
Treichl wäre für den Anfang schon zufrieden, wenn Finanzierungen aus dem Kapitalmarkt von 25 auf wenigstens 35 Prozent ansteigen würden. In den USA herrsche das umgekehrte Verhältnis wie in Europa: Dort würden rund 75 Prozent der Gelder an Firmen aus dem Kapitalmarkt kommen, 25 Prozent von Banken.

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