Teslas Model Y ist fast 20 Zentimeter höher, sechs Zentimeter länger und breiter als das Model 3 und bietet mit 2158 Litern reichlich Platz in den Kofferräumen vorn und hinten
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Model Y im Test: Das letzte Teilchen im Tesla-Puzzle

Seit August liefert Tesla das Model Y in Europa aus. Möglich macht das die Fabrik in China, denn die bei Berlin ist noch immer nicht fertig. Das neue Modell schließt die Lücke im Angebot des amerikanischen Elektroautopioniers.

Jetzt ist es auch in Europa so weit. Das Model Y ist gelandet. Ursprünglich war geplant, dass es in der nagelneuen Fabrik bei Berlin vom Band rollen sollte. Daraus wurde aber nichts. Vorerst. Der Bau der Fabrik verzögerte sich und musste den Start des Model Y auf Dezember verschieben. Auf der anderen Seite der Erde schaffte es Tesla aber, die Produktion zu steigern. Kurzerhand hat das Unternehmen die Autos aus der Fabrik in Shanghai nach Europa verschifft. Vorbestellen konnten europäische Kunden schon länger, seit August liefert Tesla nun doch aus.

Auf den ersten Blick wirkt das Model Y wie ein stark aufgeblasenes Model 3. Kein Wunder, die beiden teilen sich einen Großteil der Komponenten. Das Model Y ist allerdings um fast 20 Zentimeter höher und rund sechs Zentimeter länger und breiter als sein kleiner Bruder. SUV ist es nicht, davon gibt es ohnehin schon genug auf den Straßen. Im Autosprech nennt sich das Format Crossover.

Die Presse/Clemens Fabry

Hoch sitzen

Den Unterschied spürt man schon beim Einsteigen, aber auch im Fond ist nun deutlich mehr Platz als im Model 3. Mehr Kopf- und Beinfreiheit sorgen für einen angenehmen Aufenthalt in der zweiten Reihe. Eine dritte wird es übrigens auch geben, mit der dann insgesamt sieben Sitze zum Stromfahren einladen. Bestellbar ist sie noch nicht. Ganz hinten wird es aber dann doch etwas eng werden. Verzichtet man auf die dritte Reihe, hat man einen Ikea-tauglichen Kofferraum, ohne Kompromisse. 1900 Liter gehen da rein, wenn die geteilte Rücksitzbank umgelegt wird. Die bietet für das skifahrende Publikum auch eine Durchladeklappe in der Mitte. Nimmt man die unterm Kofferraum liegende Ladewanne und den vorderen Kofferraum dazu, kommt man insgesamt auf 2150 Liter. Platz ohne Ende. Wem das noch nicht reicht, der kann um 1350 Euro das Anhängerpaket dazukaufen, auch im Nachhinein.

Die Presse/Clemens Fabry

Es wäre nicht Tesla, wenn beim Ladekonzept nicht etwas radikal anders wäre. Die Amerikaner verzichten auf eine Kofferraumabdeckung. Es gibt sie auch nicht zum Nachkaufen. Verständlich ist das nicht. So kann jeder durch die Heckscheibe sehen, was im Kofferraum herumliegt, und bei einer Vollbremsung wäre eine Abdeckung durchaus sinnvoll. Mittlerweile haben Drittanbieter die Schwachstelle erkannt und bieten Nachrüstsätze zu satten Preisen an.

Apropos Preis. In Österreich ist derzeit nur das Longrange Model Y mit fünf Sitzen prompt verfügbar und kostet in der Basisausstattung 56.070 Euro. Damit ist es nur um 100 Euro teurer als das Model 3 in der Longrange-Variante, das auf der Tesla-Webseite um 55.970 zu haben ist. Ob das ein Rechenfehler im Konfigurator oder eine Aktion ist, konnte uns Tesla nicht erklären. Genauso bedeckt halten sich die Amerikaner bei den Fahrzeugdaten, vor allem bei Leistung und Drehmoment. Bis zu 450 PS soll das Model Y mit den zwei Motoren auf die Straße bringen und knapp 500 Nm Drehmoment sorgen für die kampfjetartige Beschleunigung des rund zwei Tonnen schweren Stromschlittens. Fahrspaß ist aber nicht nur dadurch garantiert, sondern auch durch die hervorragende Straßenlage und sehr direkte Lenkung. Die ist zu Beginn etwas ungewohnt.

Ungewohnt ist wie schon beim Model 3 auch das extrem reduzierte Interieur. Zwei Hebel, die Tasten für Fensterheber und zwei Drehräder am Lenkrad. Das war's. Viel mehr Knöpfe gibt es nicht. Dafür aber das riesige Display in der Mitte, mit dem alles gesteuert und eingestellt wird. Wie gesagt, Gewöhnungssache. Ein Veteran des Motorjournalismus brachte es bei einer Probefahrt auf den Punkt: „Es ist nicht so schlimm wie vermutet.“

Das Cockpit ist ordentlich verarbeitet und typischer Tesla-Purismus. Klavierlackelemente wurden endlich verbannt.
Das Cockpit ist ordentlich verarbeitet und typischer Tesla-Purismus. Klavierlackelemente wurden endlich verbannt.Die Presse/Clemens Fabry

Bei den Testfahrten haben wir den Tesla auch nicht geschont oder gestreichelt. 780 Kilometer fast ausschließlich auf der Autobahn in typisch österreichischer Fahrweise, eingeschalteter Heizung in der Früh und Klimaanlage am Abend, sollten uns zeigen, wie weit die WLTP-Reichweite von 507 Kilometern und der reale Verbrauch auseinanderliegen. Gleich vorweg, das Model Y ist sparsam für seine Größe und Gewicht.

Exzesse

Ohne übertriebene Beschleunigungs- und Geschwindigkeitsexzesse außerhalb des Erlaubten war der Verbrauch nicht über 20 kWh/100 km zu bekommen. Am Ende der Testfahrten zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 17,8 kWh/100 km an. Das ist beachtlich. Aber zugegeben, die Temperaturen waren zwischen 12 und 28 Grad auch recht elektrofreundlich. Reichweitenfazit: In der Realität schafft das Model Y mindestens 300 und je nach Straßenmix, Temperatur und Fahrweise bis zu 450 Kilometer mit einer Ladung des 70 kWh großen Akkus (Netto).

Die Batterie ist somit um sieben kWh kleiner als die des Model 3 Longrange. Das erklärt, warum das Model Y um gerade einmal 200 Kilo schwerer ist. Dafür lädt das Model Y auch flott. Tesla verrät nicht, welcher Akku nun genau drinsteckt. Ein Panasonic- oder ein LFP-Akku von CATL. Jedenfalls war die Batterie am Tesla Supercharger in 45 Minuten von zehn auf 90 Prozent geladen. Zeit genug für eine Pause und ein Plauscherl mit den Model-S-, -3- und -X-Fahrern über Teslas neuesten Wurf.

Da und dort hat er auch Kritikpunkte. Zum Beispiel verwechselte das Model Y eine Tasche mit einem Laptop mit einem möglichen Beifahrer und schlug Alarm, die Tasche gefälligst anzuschnallen.

Ganz schlimm ist Teslas Verkehrsschilderkennung, die bereits seit einem Jahr Teil des Systems ist. Überkopfanzeigen auf der Autobahn ignoriert die Erkennung genauso wie Geschwindigkeitsbegrenzungen im Baustellenbereich. Ab und zu klappt es, meistens aber nicht, wenn die Geschwindigkeit nicht in den Kartendaten gespeichert ist. Unverständlich, warum Tesla das nicht hinbekommt. Jeder VW kann das besser. Ähnliches gilt für den Abblendassistenten. Der schaltet das Fernlicht eher nach Lust und Laune ein und aus und blendet im vollbeleuchteten Ortsgebiet Passanten. Gar nicht gut.

Ausgezeichnet arbeiten hingegen die Spracherkennung, der Stauassistent und natürlich das Navigationssystem.

Fazit

Teslas Model Y hat gefehlt in der Produktpalette der Amerikaner. Es ist geräumig, bietet jede Menge Platz für alle Lebenslagen und geizt dabei nicht mit Leistung und Fahrspaß. Gegeizt wird vielmehr beim Verbrauch, der dem Auto eine alltagstaugliche Reichweite beschert.

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