Champions League

Nagelsmanns Systemwechsel zündet

APA/AFP/CHRISTOF STACHE
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Unter ihrem neuen Trainer rauschen die Bayern durch die Gruppenphase.

München. Julian Nagelsmann thronte kurz vor Mitternacht im großen Pressesaal der Allianz Arena gelöst auf dem Podium, war in Redelaune und scherzte. Denn nach dem nächsten Torspektakel des FC Bayern in der Champions League (5:0 gegen Dynamo Kiew) steht fest: Der 34-Jährige hat in München nicht einmal die obligatorische 100-Tage-Frist benötigt, um als Nachfolger von Sieben-Titel-Coach Hansi Flick im Fußball des Rekordmeisters einen eigenen Fußabdruck zu hinterlassen.

Beim zweiten Gruppensieg gegen Kiew konnte sich davon als Tribünengast auch der ins deutsche Bundestrainer-Amt gewechselte Flick überzeugen. Besonders auffällig: Zur bekannten Lust am Toreschießen gesellt sich plötzlich die Freude am Toreverhindern.

„Diese Gier in beide Richtungen zu entwickeln, bedeutet mir viel“, erklärte Nagelsmann, dessen Modifizierungen greifen. „Man kann sich ein Spiel nicht malen, wie es perfekt aussieht. Aber wir haben es über weite Strecken gut gemacht“, sagte er nach dem neunten Sieg in Serie und dem nächsten Zeichen der Stärke an die Konkurrenz in Europa.

Aus Bayern-Sicht also ein runder Abend, an dem sogar erstmals „Leroy, Leroy“-Rufe durch die mit 25.000 Zuschauern gefüllte Arena hallten. „Jeder von uns hat es sehr genossen“, meinte der bejubelte Leroy Sané, der vor einigen Wochen noch Pfiffe verkraften musste. Der Ballkünstler hat unter Nagelsmann das Arbeiten fürs Team erlernt, er hat seine Körpersprache aktiv verändert. Und er verzückt die Fans wie bei seinem sehenswerten, wenn auch ungewollten Flankenschuss zum 4:0. Sané steht damit exemplarisch für eine neue Zeit. Auch Verteidiger Niklas Süle blüht sichtlich auf. „Es ist sehr schnell gegangen, dass man Julians Handschrift sieht“, erklärte Bayern-Boss Oliver Kahn durchaus erstaunt bei Dazn.

Die neue Struktur

Die holprige Vorbereitung ohne Testspielsieg, die Debatte um die Qualität des Kaders nach den Abgängen von Alaba oder Boateng sind Schnee von gestern. Nagelsmann hat die Stars wie Weltfußballer Robert Lewandowski rasch hinter sich versammelt. Er kommt mit seiner offenen Art an. Und er stachelt den Ehrgeiz der Seriensieger Tag für Tag an.

„Wir wollen die Aufgaben des Trainers weiter umsetzen. Ich bin schon gespannt, wie sie sein werden“, sagte Leon Goretzka. Der Austausch mit dem jungen Chef finde dabei „auf Augenhöhe“ statt, wie Kapitän Manuel Neuer, 35, bemerkte. „Er hat uns von Anfang an gezeigt, wie er spielen will“.

Nagelsmann spricht von Anpassungen. „Wir spielen schon mit Ball eine etwas andere Struktur.“ Dazu komme „mehr Variabilität in den Grundordnungen“. Nagelsmann mag die Dreierkette. Einzelne Positionen werden anders ausgefüllt, Sané etwa klebt nicht mehr am Flügel, sondern agiert häufig im Halbraum. Kommende Woche ist Nagelsmann 100 Tage im Amt. Und sein Bayern-Express rauscht durch die Gruppenphase der Königsklasse – zwei Spiele, sechs Punkte, 8:0 Treffer.

(dpa/red.)

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