Die Region als Identifikations- muster. Bauernpaar aus Salzburg beim Volkstanz 1950.
Österreich der Gegensätze

Das kleine Land und seine alten Bruchlinien

Geschichtliche Verwerfungen trennen trotz der Kleinheit des Landes die geografischen Räume in Österreich. Daraus ergeben sich auch Mentalitätsunterschiede. Schlagen sich diese Bruchlinien gegenwärtig im Impfverhalten und in der Impfskepsis nieder?

Die Statistik zeigt, dass gewisse Regionen in Österreich bei Impfquoten konstant zurückbleiben, während andere ebenso regelmäßig überdurchschnittliche Kennwerte erzielen. Doch warum sollten politische Grenzen wie die zwischen den Bundesländern für die Impfquoten ausschlaggebend sein? Allein schon mit dem Begriff „Region“ zu hantieren ist schwierig. „Region“, das ist „eine geradezu abschreckend komplexe Gegebenheit“, schrieben Wissenschaftler in einer Studie zum Impfverhalten in der Steiermark. Sie zeigte beträchtliche Unterschiede zwischen der Ost- und Weststeiermark. Das war vor der Coronapandemie.

Neuere Statistiken über den Fortschritt bei den Covid-Impfungen zeigen jedenfalls ein generelles Ost-West-Gefälle (mit Ausnahme Vorarlbergs). Östlich der Enns, in Niederösterreich, in Wien und im Burgenland, aber auch in der Steiermark finden sich deutlich mehr Gemeinden mit überdurchschnittlicher Impfquote als etwa in Oberösterreich, Salzburg oder Tirol. Der Anteil der Impfskeptiker ist in westlichen Bundesländern höher. Österreich ist da im Alpenraum nicht allein, wie das Beispiel der Schweiz zeigt. Die Ostschweizer Kantone gelten als besonders aufmüpfig und verweigern sich öfter der Impfoffensive der Regierung.

Ressentiments. Studienautoren tun sich schwer, diese regionalen Besonderheiten zu erklären. Merkt man auch hier alte historische Bruchlinien, die seit jeher in unserem Land existieren? Trotz der Kleinstaatlichkeit Österreichs trennen historisch bedingte Mentalitätsunterschiede den Raum zwischen pannonischer Tiefebene und Arlberg. Westliche Landeshauptleute verstanden es immer schon, Ressentiments in ihrer Bevölkerung gegen den Osten, speziell gegen die Zentralisten in Wien, zur Eigenprofilierung einzusetzen. „Föderalistisches Denken ist im Westen deutlich stärker ausgeprägt als in allen anderen Bundesländern“ (Peter Bußjäger). Druck aus Wien kann da nicht viel erreichen.

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