Theater

Alle SMS vorlesen: Prickelnde Bühnenparty mit Tiefgang

(c) imago images/Westend61 (Eva Blanco via www.imago-images.de)
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Welch Timing: „Das perfekte Geheimnis“ über ein Partyspiel mit verfänglichen Handy-Nachrichten amüsiert in den Kammerspielen.

Was, wenn bei einem Treffen von Freunden einen Abend lang alles, was an SMS oder Anrufen über das Handy hereinkommt, vorgelesen oder auf laut gestellt werden muss? Mit dieser Bedingung spielt „Das perfekte Geheimnis“ von Paolo Genovese, wobei sein Film von 2016 hierzulande wohl weniger bekannt ist als das deutsche Remake von Bora Dagtekin von 2019. Da wie dort und in der Bühnenfassung, die nun als deutschsprachige Erstaufführung in der Übersetzung von Sabine Heymann in den Kammerspielen gezeigt wird, geht es jedenfalls um drei Bobo-Paare und einen weiteren gemeinsamen Freund, die eine Mondfinsternis-Party durch das beschriebene Spiel aufpeppen.

Schon als Eva, eine Psychoanalytikerin, den Vorschlag dazu macht, ist amüsant zu beobachten, wie einige nervös am Glas Sommerbowle nippen oder auf dem Sofa herumrutschen. Anfangs bleibt die Bedrohung noch abstrakt, man plaudert über Freunde, die sich wegen einer Affäre und einer SMS, die alles verriet, getrennt haben. Doch als das erste Handy läutet, wird die Stimmung zunehmend verkrampft. Natürlich bleiben auch Anspielungen auf die aktuelle politische Situation nicht aus, „ungelöschte Nachrichten haben schon so manche Regierung ins Wanken gebracht“, heißt es. Wer würde sich diesen aufgelegten Seitenhieb schon entgehen lassen . . .

Der Abend kommt generell pointenreich daher – das Publikum lacht auch über den Vergleich von Frauen und Männern mit PC und Mac, der eine koste wenig, fahre langsam hoch und fange sich jedes Virus ein, die andere sei nur mit ihresgleichen kompatibel und teuer. Und natürlich passiert das Erwartbare: Da wird jemand genötigt, über die Kündigung zu sprechen, dort schickt die eine Geliebte ein anzügliches Foto, da entpuppt sich die andere als Mann. An die Wand projizierte Face-Time-Anrufe bringen Farbe in das sonst betont kühl gehaltene Bühnenbild von Stephan Dietrich aus Milchglaswänden und weißer Designercouch – aber auch das eine oder andere ans Tageslicht, was man lieber verschwiegen hätte.

Das Stück bewegt sich aber auch abseits der entdeckten Gspusis, wenn beispielsweise der Vater der Sechszehnjährigen in Sachen erstes Mal einen klugen, warmherzigen Rat gibt – wofür er bei der Premiere prompt Szenenapplaus bekam. Ein Handytausch bringt andere Folgen, als man vorderhand erwartet hätte. Manch ein Geheimnis findet sich gar nicht auf einem Handy. Und zum Ende hin bekommt die Geschichte noch mehr Tiefgang als zuvor.

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