Sekterzeugung ist komplizierter als Weinmachen. Und braucht mehr Zeit.
Sektproduktion

Sekt: Es prickelt im Land

Eine eigene Sektproduktion rechnet sich im Burgenland kaum. Doch es gibt Profis, die versekten. Der Markt für Prickelndes wird vielfältiger.

Alles, was Bubbles hat, wird immer wichtiger. Denn die Leute schauen auf frische Getränke“, sagt der Geschäftsführer der Wein Burgenland, Georg Schweitzer, „daher werden Schaumweine mit ihrem niedrigen Alkohol im kommenden Jahr weiter gewinnen.“ Wobei: Das prickelnde Segment ist erst ein kleines. Nur eine geringe Anbaufläche der 11.904 Hektar im Burgenland wird für die Erzeugung von Schaumwein-Grundwein herangezogen. Zahlen oder Statistik dafür gibt es keine. Die Schätzungen reichen von zwei bis maximal fünf Prozent.

Peter Szigeti mit seiner gleichnamigen Kellerei ist der größte Sektproduzent im Burgenland. Rund 500.000 Flaschen bringt er jährlich auf den Markt. Und fast noch einmal so eine große Menge – sie pendelt zwischen 300.000 und 400.000 Flaschen – produziert Szigeti als Lohnversekter für viele Winzerbetriebe, darunter viele namhafte burgenländische Weingüter. Denn der Schaumwein entwickelt sich zu einem attraktiven Zusatzgeschäft. Sekt ist seit Einführung der österreichischen Sekt-Qualitätspyramide, die die drei Kategorien von Sekt geschützten Ursprungs – Klassik, Reserve und Große Reserve – für die Konsumenten übersichtlich aufzeigt, „sichtbarer“ geworden.

Eigener Gewerbeschein

Eine eigene Produktion von Sekt rechnet sich jedoch für viele Winzer und für ihre kleine Mengen nicht. Daher bedienen sie sich eben eines Profi-Versekters wie Peter Szigeti, denn Sektmachen ist komplizierter als Weinmachen. Es braucht einen eigenen Gewerbeschein und eine Betriebsanlagengenehmigung. Außerdem muss man in Extra-Anlagen investieren und braucht Platz mit ausreichend Lagermöglichkeiten: Sekt benötigt mehr Zeit für die Reife. Ein Sekt der Reserve-Kategorie muss mindestens 18 Monate auf der Hefe reifen, er darf frühestens zwei Jahre nach seiner Ernte auf den Markt kommen. Eine „Große Reserve“ muss sogar mindestens 30 Monate auf der Hefe lagern und darf frühestens drei Jahre ab der Ernte in den Verkauf.

„Sekt in Lohnproduktion zu geben macht ab 1000 Liter Sinn“, sagt Szigeti. Das wären umgerechnet rund 1300 Flaschen Sekt (0,75 l). Darunter rechne es sich nicht wirklich. Szigeti macht neben seinen eigenen Marken-Sekten Schaumweine für circa 150 heimische Weinbetriebe, wie erwähnt auch für zahlreiche burgenländische Winzer und für weitere 50 ausländische Kunden. „Der Trend zum eigenen Winzersekt etabliert sich immer mehr“, berichtet Szigeti, „vor allem die junge Winzergruppe interessiert sich dafür.“ Und der Profi-Versekter aus Gols ortet auch eine „gestiegene Nachfrage auf dem Markt“. Wobei für ihn hier nicht die Sekt-Qualitätspyramide der Treiber ist. Vielmehr war der lange Lockdown das eine, das den Konsum anregt habe, der Trend in Richtung Nachhaltigkeit war das andere. „Die Menschen denken mit und greifen immer öfter zu heimischen und regionalen Produkten“, sagt Szigeti. „Mit der Marke 100 Prozent Burgenland und der kontrollierten Herkunft hat man viel Vertrauen in das Produkt.“

Klassische Flaschengärung

Peter Szigeti hat seine Sektkellerei 1991 in Gols gegründet, zusammen mit seinem Bruder Norbert, der seit drei Jahren mit „A-Nobis“ ein eigenes Sektkellerei-Projekt in Zurndorf verfolgt. Peter Szigeti bedient dabei den Markt mit Rebsorten-typischen Sekten, wo vor allem Grüner Veltliner, Welschriesling, Weißburgunder und Muskat die Hauptrolle spielen. Daneben keltert Szigeti auch klassische Cuvées. Alle Szigeti-Sekte entstehen durch die klassische Flaschengärung. „Nur mit der traditionellen Methode erhält man die feine Kohlensäure, den Geschmack und die Vielschichtigkeit, damit ein Produkt Charakter hat“, sagt Peter Szigeti.

Diesen traditionellen Weg der Sektwerdung in der Flasche verfolgt auch Norbert Szigeti, der im alten Familienbetrieb der Kellermeister war, mit seiner A-Nobis-Kellerei. „Die zweite Gärung in der Flasche ist das Schwierigste, denn du musst die Hefe motivieren, den Zucker in Alkohol umzusetzen.“ 18 verschiedene Sekte gebe es bereits, die Norbert Szigeti nur an Gastronomie und Fachhandel liefert sowie ab Hof verkauft. Genau vor einem Jahr hat Szigeti seine neue Sektkellerei eröffnet. „Wir machen im Jahr rund 250.000 Flaschen Sekt.“ Auch er ist auf die im Burgenland gängigen Sorten fokussiert – und macht dabei sechs sortenreine Sekte. Was die Stärke des Burgenlands beim Sekt ist? „Unsere Sekte leben von der Fruchtigkeit und vom Extrakt. Ein Champagner lebt dagegen von Mineralik und Säure.“

Zu den schäumenden Weinen gehören auch die Perlweine und die in jüngster Zeit von vielen Winzern erzeugten „Pet Nats“ – wenn auch beides keine Schaumweine im klassischen Sinn sind. Im Gegensatz zum Schaumwein wird dem Perlwein – besser bekannt als Frizzante – Kohlensäure zugesetzt. Die Weine sind meist auch etwas alkoholleichter und weisen weniger Druck in der Flasche auf, weshalb sie nicht mit dem vom Sekt und Champagner bekannten Kork mit Drahtkörbchen verschlossen sein müssen.

Unikate

„Pet Nat“ , die Abkürzung von Pétillant Naturel  – natürlich prickelnd –, ist ein altes Herstellungsverfahren, bei dem der Most mit natürlichen Hefen zu gären beginnt und der noch gärende, unfertige Wein in die Flasche kommt. Die Gärung setzt sich fort und natürliche Kohlensäure entsteht. Somit könnte man sagen, dass jede Flasche Pet Nat ein Unikat darstellt und daher sehr spannend ist. Pet Nats werden vor allem bei Biowinzern immer beliebter – und auch der Markt, vor allem dort, wo es um Naturweine geht, nimmt die spannungsgeladenen Pet Nats, die meist mit Kronenkork verschlossen sind, freudig an.

Die beiden Traditionalisten Peter und Norbert Szigeti dagegen lehnen diese Art von Schaumweinerzeugung ab. Kellermeister Norbert Szigeti, der seine Kellerei bio-zertifiziert hat, meint trotzdem: „Pet Nat ist Sturm, vergoren in der Flasche, und önologisch gesehen nicht nachvollziehbar.“ Sein Bruder hat eine ebenso klare Meinung: „Pet Nat ist für mich ein unfertiges Produkt, weil Hefe drinnen ist, die den Geschmack des Weines stört.“ Dafür experimentieren die beiden Brüder – jeder für sich in seiner Kellerei – mit Piwi-Rebsorten (Anm.: Pilzwiderstandsfähige Sorten) für die Sekterzeugung. Das bringt die Klimaerwärmung mit sich. „Wir müssen umdenken. Nur die alten Rebsorten werden uns zu wenig weiterbringen. Es gibt resistentes Material – und die Logik ist ein Miteinander“, sagt Norbert Szigeti. Auch Peter arbeitet mit „guten Partnern in diese Richtung“. Donauriesling, Donauveltliner, Muscaris und Blauer Muskat seien bald ein Thema: „Es gibt schon seit fast zehn Jahren repräsentative Weingärten.“

("Die Presse Schaufenster" vom 22.10.2021)

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