Mit Federn, Haut und Haar

Bewusster Bruch der EU-Artenschutzrichtlinie in Tirol

Ein Problemwolf?
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Die Landesregierungen in Tirol, Salzburg und Kärnten erließen 2021 diverse Verordnungen zur Entnahme von „Problemwölfen“, die europäischem Recht widersprechen.

Wenn es um Artenschutz geht, zählt der Rechtsstaat wenig. So verordnete am 22.10. Günther Platters schwarz-grüne Regierung auf Anraten ihrer „geheimen(!) Expertenkommission“ den Abschuss des angeblichen „Problemwolfs“. Der soll in Tirol Dutzende Schafe gerissen haben, freilich war keines davon geschützt. Damit begehen diese Herrschaften exakt jenen Gesetzesbruch, den ich in meinem Kommentar vom 11.10. an dieser Stelle angeprangert habe. Zeitlich passend veröffentlichte am 12.10. die Europäische Kommission einen bindenden Leitfaden zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH). Die wurde 1992 von den Mitgliedstaaten der EU einstimmig verabschiedet, ist daher auch für Österreich geltendes Recht – das man aber weitgehend ignoriert. Wir sind etwa Schlusslicht in Europa bei der Ausweisung von Natura-2000-Schutzgebieten, zudem verschlechterte sich in den letzten Jahren der Zustand von etwa 70% der in der FFH-Richtlinie für Österreich gelisteten Lebensräume und Arten; Natur wird weiterhin rasant verbraucht, die großen Beutegreifer, Greifvögel und anderes „Raubzeug“ werden hemmungslos abgeschossen (etc.).Gastkommentare und Beiträge von externen Autoren müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.

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Wie viele andere Arten auch ist der Wolf in Europa durch FFH streng geschützt. „Entnahmen“ sind legal nur im Fall „unzumutbarer Schäden“ möglich – aber auch nur dann, wenn es „keine anderweitige zufriedenstellende Lösung“ gibt und wenn „die Ausnahmeregelung die Herstellung des günstigen Erhaltungszustandes nicht gefährdet“. Beide Bedingungen sind für besagten Wolf und generell für die Wölfe in Österreich nicht erfüllt, solang man sich nicht ernsthaft mit Herdenschutz beschäftigt und es keine Wolfspopulation mit günstigem Erhaltungszustand im Lande gibt – was bei 20 bis 50 ein- und durchwandernden Wölfen pro Jahr und einem einzigen Rudel in Allentsteig schlicht nicht der Fall ist. Dass in Österreich im Gegensatz zu Deutschland oder Italien Wölfe nicht Fuß fassen können, liegt vor allem an einer flächendeckenden Umweltkriminalität. Die Behörden sind Teil des Systems.

Besonders befremdlich ist, dass die Landesregierungen in Tirol, Salzburg und Kärnten 2021 Verordnungen zur Entnahme von „Problemwölfen“ erließen, die klar der FFH-Richtlinie widersprechen. Ausjudiziert und im Leitfaden der Kommission zur FFH-Richtlinie festgehalten ist, dass es Behörden „nicht erlaubt ist, Ausnahmeverordnungen zu erlassen, wenn aus Artenschutzgründen eine Umstellung von Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft erforderlich wäre“. Daher darf ohne Herdenschutz keine Genehmigung für den Abschuss eines Wolfes erlassen werden. Die EU-Fördertöpfe dafür sind gefüllt, das Know-how vorhanden, man müsste beides nur abholen. Zudem haben die Behörden „anhand wissenschaftlicher Daten nachzuweisen, dass durch ihre Maßnahme das Ziel erreicht werden kann“, und die Identifizierung des Wolfes muss gewährleistet sein. Beides ignoriert der Tiroler Erlass.

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