Umfrage

Trend zur Regionalisierung

Deutsche Unternehmen leiden unter Lieferproblemen und überlegen zunehmend, ihre Produktion zu verlagern.

Immer mehr deutsche Unternehmen planen bei ihren ausländischen Aktivitäten Produktionsverlagerungen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) hervor. Laut Studie überlegen rund 15 Prozent der Unternehmen, ihre Produktion zu verlagern, 32 Prozent tragen sich mit Gedanken zur Veränderung bei den Lieferwegen und haben sich bereits auf die Suche nach neuen Lieferanten gemacht. „Dabei handelt es sind um ganz konkrete Pläne“, betonte Volker Treier bei der Vorstellung der Studie Anfang November. Zum Teil sei dies bereits auf den Weg gebracht. Die Zahl sei überraschend hoch im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Der DIHK-Außenwirtschaftschef wertet diese Entwicklung als eine direkte Folge der Lieferkettenprobleme in der Coronakrise. Gründe für Produktionsverlagerungen könnten aber auch lokale Vorschriften oder eine gewünschte Nähe zu wichtigen Rohstoffen sein. Als Profiteure sieht er die Region Mittel- und Osteuropa. Allerdings gebe es in der Region einen hohen Fachkräftemangel, was den Trend zumindest etwas einbremse.

Kostendruck steigt

Der DIHK hat in seiner Herbst-Umfrage Antworten von über 3200 im Ausland vertretenen deutschen Konzernen ausgewertet. Demnach sehen rund 65 Prozent der Befragten die direktesten Auswirkungen von Corona in den Reisebeschränkungen.Mit 54 Prozent gleich dahinter rangieren die zunehmenden Probleme in den Lieferketten und der Logistik. Daraus resultierend steige der Kostendruck auf die Unternehmen, sagte Treier. „Geben sie diese Kosten an ihre Kunden weiter, steigt die Inflation.“

50 Prozent der Unternehmen nennen die Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko für die Weltwirtschaft in den nächsten zwölf Monaten. Im Frühjahr waren es erst 27 Prozent. Nicht ganz so häufig werden wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie Steuern oder Zölle genannt, auch der Fachkräftemangel spielt bei den Risikofaktoren im Ausland eine Rolle.

Aufholprozess in Gefahr

Beim DIHK geht man davon aus, dass das Umfeld ungemütlicher wird. So rechnen aktuell nur noch 36 Prozent der befragten Unternehmen mit einem positiven Konjunkturtrend in China, für die USA sind sie mit 50 Prozent etwas positiver gestimmt.

Insgesamt erwartet der DIHK im nächsten Jahr ein Exportplus der deutschen Unternehmen von sieben Prozent. China und die USA dürften dabei nur jeweils ein Plus von etwa fünf Prozent beisteuern, die EU überdurchschnittlich abschneiden. In diesem Jahr dürften die Ausfuhren insgesamt um 7,5 Prozent steigen, nachdem sie im Coronajahr 2020 noch um mehr als neun Prozent eingebrochen sind. Der langjährige Zuwachs liegt bei etwa vier Prozent pro Jahr.

Ihr aktuelles Auslandsgeschäft schätzen die Unternehmen etwas optimistischer ein als noch im Frühjahr. 52 Prozent bezeichnen ihre Lage als gut, nur elf Prozent als schlecht. (APA/ebe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2021)

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