Intralogistik

Weniger Fehler, größere Transparenz

Stapler
Stapler(C) Jungheinrich
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Die Entwickler von Automatisierungssystemen freuen sich über Rekordumsätze. Künstliche Intelligenz wird dabei immer wichtiger.

Die Coronakrise hat die Logistikbranche weltweit kräftig durcheinandergewirbelt. Während auf der einen Seite Lieferketten rund um den Globus zusammenbrachen und Transporter stillstanden, gibt es auf der anderen Seite auch Gewinner: Zu diesen zählt die Automatisierung der Lagerlogistik. Unternehmen, die sich innovativen technischen Lösungen in diesem Bereich verschrieben haben, verzeichnen seit Beginn der Pandemie Wachstumsraten, von denen manch andere Branche nur träumen kann. „Der weltweite Markt“, so Christoph Wolkerstorfer, Verkaufsleiter der TGW Logistics Group mit Sitz in Marchtrenk, „ist zuletzt wieder um mehr als zehn Prozent angestiegen und verzeichnet derzeit Umsätze von rund 30 Milliarden Euro.“

E-Commerce als Treiber

Das sind Gelder, die von Logistikern in die Effizienzsteigerung ihres Lagermanagements und ihrer Auftragsabwicklung investiert werden – eine zunehmend auch von Unternehmen in Klein- und Mittelbetriebsgröße erkannte Notwendigkeit, für die Insider unter anderem den durch Corona mitbedingten Boom des E-Commerce verantwortlich machen. „Da gibt es jetzt plötzlich völlig neue Herausforderungen, die mit menschlichen Arbeitskräften nicht rentabel zu bewältigen sind“, fasst Wolkerstorfer zusammen. „Eine Automatisierung der Prozesse vom Wareneingang bis zum Warenausgang ist die effizienteste Antwort.“

Beispiel Auftragszusammenstellung: Durch den Direktvertrieb an den Endkunden beim E-Commerce beträgt die Chargengröße oft nur ein Stück – logistisch extrem aufwendig, da jeder Posten einzeln aus dem Lager geholt und kommissioniert werden muss. Das kostet Arbeitszeit. Roboter übernehmen diese Aufgabe billiger und ohne Meckern, sind zudem an keine Höchstarbeitszeiten und vorgeschriebene Pausen gebunden. Sie suchen die Waren in den Regalen, automatisierte Fördertechnik bewegt die bestellten Artikel anschließend von Station zu Station bis hin zur Versandrutsche. Und das in unterschiedlichen Produktsegmenten: „Bücher, Kleidung, Elektronik sind ohnehin klassische E-Commerce-Artikel“, sagt Wolkerstorfer. „Während der Pandemie hat aber auch im Lebensmittelhandel die Onlinebestellung immens an Bedeutung gewonnen.“ Die Folge: Die TGW Group vermeldete eine erhöhte Anfrage nach Automatisierungsmaßnahmen in Tiefkühllagern.

Künstliche Intelligenz

„Durch die Implementierung von Automatisierungslösungen werden die Lager- und Transportprozesse weniger fehleranfällig und außerdem transparenter, da jeder Schritt dokumentierbar ist“, ergänzt Kurt Ammerstorfer, Bereichsleiter für Vertrieb, Produktmanagement und Marketing bei DS Automotion in Linz. Sein Unternehmen hat sich auf die Implementierung fahrerloser Transportsysteme spezialisiert. So wurde kürzlich ein deutscher Automobilzulieferer mit einer kompletten Materialfluss-Steuerung ausgestattet. Als eine Aufgabe künftiger Forschungsanstrengungen in Sachen Automatisierung benennt er die weitere Flexibilisierung der lagerinternen Transportvorgänge mithilfe künstlicher Intelligenz.

Hier sieht sich unter anderem die Jungheinrich Systemlösungen GmbH in Graz gefordert. „Mit unseren Kompetenzen in den Bereichen Software Engineering, Data Analytics und Artificial Intelligence gestalten wir die Zukunft der Intralogistik mit“, hebt Geschäftsführer Markus Skof hervor, welche Skills gefragt sind. Für die Logistiker bedeutet dies auch eine Änderung der Personalstruktur. Staplerfahrer würden durch Technik- und Computerspezialisten ersetzt, sagen die Experten voraus.

Wolkerstorfer verweist weiters auf Fortschritte in der Robotertechnik, die die letzten Lücken im Automatisierungsfortschritt schließen. Ständige Verbesserungen, etwa in der Greiftechnik auf Basis von Selbstlernvorgängen, würden auch hier das Ende des Einsatzes menschlicher Arbeitskraft einläuten.

Lösung für Fachkräftemangel

Ein weiterer Treiber der Automatisierung sei der Mangel an Fachkräften, sind sich die Fachleute einig. Der Vor-Ort-Einsatz des vorhandenen Personals sei aufgrund der coronabedingten Sicherheitsmaßnahmen über Monate hinweg aufs Notwendigste beschränkt gewesen. Um die Aufträge trotz dieser Engpässe erfüllen zu können, hätten viele Betriebe auf automatisierte Lösungen umgestellt.

Dass immer mehr Start-ups den etablierten Entwicklern der Automatisierungstechnologien den Markt streitig zu machen versuchen, sehen Letztere großteils gelassen. „Bei den meisten dieser Ansätze steht die Flexibilität im Vordergrund“, urteilt Ammerstorfer. „Das ist wichtig. Doch automatisierte Logistiksysteme müssen auch bei großen zu bewegenden Mengen prozesssicher sein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2021)

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