Mit Friedrich Cerha von der Urzeit bis zur Apokalypse

Vor dem Lockdown ging es bei „Wien modern“ im Konzerthaus mit Friedrich Cerhas epochalen „Spiegeln“ noch einmal klanglich und emotional in die Vollen: Standing Ovations für den 95-jährigen Komponisten und das fulminante RSO Wien unter Ingo Metzmacher.

Leise grundeln die Kontrabässe. So, als würde sich der Meeresboden umwälzen, in langsamen Wellen. Ein hoher Klang der Violinen stiehlt sich dazu – und da ist sie wieder, diese latente Alarmstimmung, die einen nie ganz verlässt in diesen unerbittlichen anderthalb Stunden. Mit gutem Grund. Denn gleich darauf beginnen sie: diese kurzen, lauten Töne des Blechs, diese Rempler und Rippenstöße. Das Unbehagen wächst, fast wie ein Schlägertrupp verteilen die Bläser Hiebe und Stiche, die sich zu einer beängstigenden Attacke auswachsen. Die folgende Entspannung trügt, weil die Angriffe in Wellen wiederkehren, die Bläserklänge werden eins mit Schreckensschreien, elektronisches Flirren scheint aus dem Weltraum zu dringen. Urweltlich und zugleich apokalyptisch dröhnen, knattern und japsen Schlagzeug, tiefes Blech und die mit dem Bogenholz gespielten Streichinstrumente. Singende Sägen und so etwas wie Walgesänge kommen hinzu, bis ein letztes Crescendo schließlich ins Nichts ausläuft.

Eine schreckliche Stille bleibt zurück: So endet Friedrich Cerhas „Spiegel IV“. Die beklemmendsten Stellen des Zyklus stehen da noch aus. Etwa der tosende Sandsturm in „Spiegel VI“, aus dem ein alles zermalmendes Marschieren kommt . . .

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