Pfarrerin Julia Schnizlein von der lutherischen Stadtkirche Wiens.
Lockdown

Die letzten Hüter und Hüterinnen der Alltagsnormalität

Sie stehen hinter dem Maroni-Ofen, zwischen Christbäumen, vor Schultafel und Altar. Rundherum ist alles geschlossen, Boutiquen, Buchgeschäfte, Kinos, Theater, Fitnesscenter. Sie sind jene Frauen und Männer, die dem Lockdown trotzen.

„Natürlich bin ich schon frustriert. Es ist anstrengend und ermüdend, wieder zu entscheiden, was dürfen wir noch.“ Julia Schnizlein ist seit zwei Jahren Pfarrerin in Wiens lutherischer Stadtkirche. Viel war da von Pandemie, Lockdowns, Kirchen-Sperren, Einschränkungen unterschiedlicher Art geprägt. Jetzt also wieder.

Doch diesmal werden Gottesdienste in offenen Kirchen gefeiert. Julia Schnizlein, quasi evangelisches Pendant zum katholischen Dompfarrer Toni Faber: „Grundsätzlich ist es schön, dass wir ein Stück Alltag und Normalität anbieten können. Für viele bieten wir einen Anker. Die Einsamkeit vieler Menschen ist größer geworden.“

Schmerzhaft ist für sie, dass vieles abgesagt werden muss, gerade im Advent: Binden des Adventkranzes (ja eine evangelische „Erfindung“), Adventliedersingen, Glaubenskurs, Kirchenkonzerte, die jeden Samstag geplant waren, und ein Charity-Konzert am 8. Dezember (der wiederum als Feiertag eine katholische „Erfindung“ ist). Auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat sich für die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder gestellt.


Ob es wegen der Pandemie weniger Kirchbesucher gibt? Die Antwort der Pfarrerin: „Wir haben gar nicht so viele Menschen durch Furcht vor Ansteckung verloren, sondern, da wir im Gegensatz zu vielem offen haben, es erleichtert, zu uns zu kommen.“ Streaming der Gottesdienste wird seit Tag eins von Lockdown eins geboten. Julia Schnizlein: „Bei unserem Online-Glaubenskurs sprengen wir die Grenzen unserer Gemeinde. Das ist super.“

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