Kunstwerte

Coronaknigge in Pandemiezeiten

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Die Bussi-Bussi-Kunstwelt hat es in Pandemiezeiten besonders schwer, wenn es um den richtigen sozialen Umgang geht. Zur Art Basel erschien sogar ein Etikettenguide.

Es herrscht inzwischen fast zwei Jahre Ausnahmezustand in Sachen sozialer Etikette und dennoch begegne ich Menschen immer noch ein wenig ratlos. Und liest man die Körpersprache des Gegenübers, dann bin ich nicht allein damit. Da ist dieses unwillkürliche Zögern, das Darauf-Warten, wie man sich denn nun begrüßt: gar kein Körperkontakt, Fist Bump, Ellenbogencheck oder womöglich gar ein Fußcheck? Unter Bekannten und Freunden ist das schon nicht ganz einfach, aber auf internationalen Kunstmessen, auf denen Menschen aus aller Welt aufeinandertreffen, ist die Herausforderung noch einmal größer. Denn schon vor Corona galt: andere Länder, andere Sitten. Engländer haben es wohl am leichtesten, sie haben sich schon immer mit einem legeren und kontaktlosen „Hello“ begrüßt, auch in Asien grassiert kaum das Händeschütteln. Die Kunstszene ist noch einmal eine eigene Welt und tendiert zu herzhaften Umarmungen.

Peinlichkeiten vermeiden. Tatsächlich haben die richtigen Umgangsformen in Pandemiezeiten sogar schon eigene Ratgeberbücher hervorgebracht. Kein ganzes Buch, aber einen Guide mit Regeln für die Kunstmessenetikette hat die Kunstinformationsplattform Artnet anlässlich der Art Basel Miami Beach Week nun ins Netz gestellt. Da findet man so Ratschläge wie: „Wenn es keine unmittelbare Geste gibt, fragen Sie: Umarmen wir uns?“ Auch Ratschläge, wie man mit peinlichen Situationen wegen der Maskenpflicht umgeht, findet man da. Wenn man das Gegenüber hinter der Maske nicht erkennt, sagt man deshalb nicht „Schön, Sie kennenzulernen“, sondern „Schön, Sie zu sehen“. Das ist ein heißer Tipp, den man sich auch für Post-Corona-Zeiten merken kann. Denn wenn man vielen Menschen begegnet, erinnert man sich nicht an alle Gesichter, selbst wenn keine Masken getragen werden. Ich persönlich finde die Maske ja diesbezüglich eine angenehme Ausrede. Und noch einen Vorteil hat sie: Man kann leichter unerkannt über die Messe gleiten, wenn man keine Lust auf Small Talk hat.

So manche Empfehlung hat mit Corona nichts zu tun, sondern sollte immer eine Selbstverständlichkeit sein. Etwa, Platz zu machen, wenn man in einer Koje sitzt und nur plaudert und bemerkt, dass jemand auf die Aufmerksamkeit der Galeristin oder des Galeristen wartet. Es geht schließlich darum, Geschäfte zu machen. Überhaupt scheint Small Talk gerade nicht so in zu sein. Denn eine Galeristin sagt: „Wir sind begierig darauf, nach so langer Abwesenheit persönlich über Kunst und Ideen zu diskutieren.“ Da kann ich ihr nur beipflichten.

eva.komarek@diepresse.com

www.diepresse.com/kunstwerte

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2021)

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